Die italienifche Malerei des I7.
Jahrhunderts.
B. Die Schule der Carracci und ihre Ausläufer.
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tiefblau unter dem rothgoldenen Himmelslicht fichtbar find. Es ift leicht, auch
diefem Gemälde einige Schwächen in der Zeichnung nachzurechnen, und es iPt
augenfällig, dafs fein Farbenreichthum keineswegs in allen Stücken einheitlich
verfchmolzen ift; aber es ift fchwer, im ganzen fiebzehnten Jahrhundert ein
zweites Werk nachzuweifen, welches in gleicher Weife reinen Linienadel und
feurige Farbenpoefie vereinigt. Auf diefe Arbeiten folgen Guidds Schöpfungen
in der päpftlichen Hauscapelle des neuerbauten Quirinalpalafies: im Kuppel- Flgsfjrffnl
gewölbe die Himmelfahrt der Jungfrau, in den Zwickeln und auf den Wand- Quirinal,
ftreifen je vier altteftamentarifche Geflalten, am Triumphbogen der ewige
Vater in der Engelglorie, in einigen der Lünetten häuslich-naiv, aber lebendig
erzählte Scenen aus dem Marienleben; den Papft entzückten diefe noch 1610
vollendeten Darftellungen fo, dafs er dem Meifter gleich darauf die Aus-
fchmückung feiner Grabcapelle in S. Maria maggiore mit Darftelltlngen aus ijnäägfofa
der Heiligengefchichte übertrug. Während Guido an diefen Fresken malte, zu Rom
gerieth er in Streit mit dem päpftlichen Schatzmeifter, liefs die Arbeit im
Stich und floh nach Bologna, wurde aber mit den gröfsten Ehren zurück-
berufen und vollendete die angefangenen Gemälde bald darauf. Die Fresken
im Quirinal und in S. Maria maggiore gehören zu den freieften und gehalt-
vollften Werken feines Pinfels.
Der römifchen Ränke überdrüfflg, kehrte der Meiller nun aber (um 1612)
nach Bologna zurück, wo er theils fchon vor feiner Rückberufung nach Rom, Bologna-
theils in den nächften Jahren einige feiner mächtigften Altarblatter fchufzßltßrbläßt"
das Apofielpaar Petrus und Paulus, jetzt in der Brera zu Mailand, die in derßrm
mafsvoll lebendige, in den Formen plaftifch durchgebildete und im fchönften zu Mailand,
Goldton ftrahlende Darftellung des bethlehemitifchen Kindermordes, jetzt in
der Pinakothek zu Bologna, das Ptreng architektonifch angeordnete zweitheilige Piillkiiaek
Gemälde derfelben Sammlung (Fig. 45 5), welches in feinem oberen, halb-luBßlng-xa,
rund gefchloffenen Theile eine xPietarr von fchlichter, ergreifender Grofs-
artigkeit, in feinem unteren Theile die vortrefflich angeordnete, zu ihren
Füfsen von Engelknablein urnfpielte Gruppe der Schutzheiligen Bolognas dar-
ftellt, ferner, ebendafelblt, den ganz im pathetifchen Geifte des neuen jahr-
hunderts gedachten Chriftus am Kreuze, von dem fich eine fpätere, veränderte
NViederholung in der Galerie zu Modena befindet, die grofsartige Himmelfahrt Gäperäsrzu
lVfarlae in S. Ambrogio zu Genua, der eine Darftellung desfelben Gegenftandes xogerxäh
In der Pinakothek zu München fich anreiht, und die kräftig gefchloffene Gruppe böogiio w
der hl. Dreieinigkeit auf dem Hochaltare der Kirche S. Trinita de' Pellegrini Iyiifllläiä k
Zu Rom. Das grofsartigfte Freskobild diefer mit 1620 abfchliefsenclen Epoche zuullffüiirihzn,
feines Lebens aber iPr die Darftellung der Aufnahme des hl. Dominicus in
Clen Himmel, welches er in der Halbkuppel der Capelle diefes Heiligen in äferllgo
S. Domenico zu Bologna malte. In dem unteren Theile diefes überaus farbig
wirkenden Gemäldes rnuficiren reizende, kaum erwachfene Engel; in feinem Bologmm
Oberen Theile fährt der Heilige, mit deffen fchwarzem Mantel fich liebliche
Engelknäblein zu fchaffen machen, zwifchen dem Heiland und feiner Mutter
hindurch, der durch die Taube des heiligen Geiftes angedeuteten ewigen Herr-
lichkeit entgegen. Fernere
Nach 1620 folgten wieder einige Wanderjahre für Guido. In Ravenna