Volltext: Die Malerei von der Mitte des sechzehnten bis zum Ende des achtzehnten Jahrhunderts (Bd. 3, Hälfte 1)

italienifche 
Malerei 
Jahrhunderts. 
Carracci. 
Befuch am Strande des Tiber. Ludovico aber entfchuldigte flch fofort mit 
feinen Arbeiten, die ihn in Bologna fefthielten, und empfahl Annibale und 
Agoftino zur Ausführung des grofs geplanten Werkes. Agoitino wurde nach 
Rom berufen; Ludovico kehrte nach Bologna zurück; die beiden Brüder fahen 
{ich allein der Riefenarbeit gegenüber und begannen fie mit rüfligen Kräften; 
aber ihre Einigkeit dauerte nur einige Jahre. Annibale war eiferfüchtig und 
eigenwillig. Er fetzte es durch, dafs Agoftino, nachdem er einige der fchönften 
Gemälde des Palazzo Farnefe gefchaffen, die Arbeit im Stich liefs und Rom 
für immer den Rücken kehrte. Das mufs ungefähr 1600 gewefen fein; zwei 
Jahre darauf kehrte Ludovico noch einmal auf einige Tage nach Rom zurück, 
befichtigte die Schöpfung feiner Vettern und malte felblt einen der grofsen 
Atlanten in der Decoration, liefs Annibale, den jetzt jedoch fchon Schüler 
unterftützten, dann aber das Werk felbftandig zu Ende führen. Um 1607 
oder 16081) war es vollendet. Der Hauptraum, den Annibale, Agoftino und 
ihre Schüler im Palazzo Farnefe mit Fresken gefchmückt, ift die von Giacomo 
della Porta erbaute grofse Galerie; aber ein Zimmer neben diefer Galerie, gigkizffeliäg 
welches gleichzeitig in Angriff genommen wurde, enthielt ebenfalls einen Fresken-  
cyklus von eigenartiger Schönheit. 2) Die Hauptbilder diefes kleinen, reich 
decorirten Zimmers führen uns Scenen aus dem Heraklesmythos vor; die vier 
Lünetten ftellen Odyffeus und die Sirenen, Odyffeus und Kirke, Perfeus und 
die Medufe und Amphinomos und Anapos, im Begriffe, ihre Eltern vor dem 
Ausbruch des Aetna zu retten 3), dar. Die fchönPren Compofitionen zeigen das 
Kirkebild, deffen anmuthige Abrundung auf Agoftino hinweift, und das Sirenen- 
bild, deffen kraftvolle Behandlung der Ruderer des Schiffes Annibalds Eigen- 
thum fein wird.  In dem Freskenfchmuck der grofsen Halle (Galleria) des 1121311513;- 
Palazzo Farnefe aber feiert die decorativ-monumentale Kunft an der Schwelle PahFamefe. 
des fxebzehnten Jahrhunderts noch einmal Triumphe, die an ihre goldene 
Cinquecentozeit erinnern. Freilich gehören zunächfl die reichen, mehr oder 
weniger monochromatifch gemalten, architektonifch-decorativen Beitandtheile  
des Werkes, gehören die eigentlichen Architekturglieder, aber auch die mächtigen cgälriiglferälllß- 
Hermenatlanten, welche die Gelimfe fiützen, die Riefenjünglinge, welche als  
Füllfiguren die Deckenmedaillons umfpielen oder, an einige Hauptbilder ge- 
lehnt, dem auf diefen dargeftellten Göttertreiben halbverfchämt zuzufchauen 
fcheinen, die kräftigen Amorettenpaare in den Ecken, die Pcarken Balluftraden, 
welche die Gefammtdarftellung über dem Kranzgefimfe der Architektur ein- 
fafsen, die üppigen Fruchtfchnüre, welche die Medaillons und Bilder umrahmen, 
die faltenreichen Tücher, Welche üe oder die Füllfiguren drapiren, die Masken 
und Mufcheln, welche unter den Ornamenten eine Hauptrolle fpielen, ent- 
fchieden der barock gewordenen Architektur-Empfindung ihrer eigenen Zeit an 
I) Vgl. Malzzaßa a. a. O. p. 437 und p. 435 mit unten Anm. 2. In der Regel wird die 
Vollendung zu früh angefetzt. 
2) Stichwerke von Petr. Aquila: nImagines Farnefiani Cubiculi etc.u und von N. MignaMQ 
DES letzteren Stiche tragen die jahreszahl 1637 und geben als Jahre der V0llendung der Bilder 1607 
und 1608 an. Da diefe Stiche zu den älteften Quellen über die Bilder gehören, fQ verdienen die 
Daten in Verbindung mit Malvaßzfs Angaben (oben Anm. I) volle Beriicküchtigung. 
3) Vgl. Slraban: Erdbefchreibuxig VI, 269.
	        
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