Fünftes
Buch.
Abfchnitt.
viärter
Reproduc-
tive Meifler.
Die Sadeler
Selbfi-
erfmdend
Stecher.
H. SLauter
fack.
In völlig entgegengefetzter Richtung aber bewegte fich ein anderer deutfcher
Kunflzweig, der feit hundert Jahren ein Liebling des deutfchen Volkes war und
unter feinen gröfsten Meiflern, wie Dürer, viel zur Verinnerlichung feines Künft-
lebens beigetragen hatte, der Kupferftich, deffen Wirkfamkeit {ich eben
nicht draufsen auf den Gaffen, fondern drinnen im trauten Kämmerlein entfaltete.
Auch in Deutfchland kam jetzt freilich der reproductive Kupferftich zur Geltung,
deffen Koryphäen die zahlreichen Mitglieder der fchon im vorigen Kapitel
erwähnten (oben S. 82), aus den Niederlanden ftammenden Künftlerfamilie
Sndeler, an ihrer Spitze Gillzk (Aegidizzs) Sadelw (geb. zu Antwerpen 1575,
geft. zu Prag 1629), und die kaum minder zahlreichen Mitglieder der deutfchen
Kupferftecherfamilie Irfilian, an ihrer Spitze Lucas Kiliau (geb. zu Augsburg
1579, geft. ebenda 163 7), waren, Meifter, die freilich auch eigene Arbeiten {lachen
und im Porträtfüch fogar Tüchtiges leifteten, fich jedoch befonders durch die
Kühnheit und Gewandtheit berühmt machten, womit fxe die grofsen Bilder ihrer
Zeitgenoffen und Vorgänger wiederzugeben verftanden. Für unfere Zwecke
aber interefflren uns hauptfächlich nur noch die Kupferftecher diefer Zeit, welche
die Ueberlieferungen Dürers und der Kleinmeifter fortfetzten und als felbftändige
Meifter, die ihre eigenen Erhndungen ftachen oder radirten, ihre Rolle in der
Kunftgefchichte fpielen. Unter diefen verdienen, da H S. Lnutcnfack, der bis
1663 lebte und fich hauptfächlich durch feine landfchaftlichen Blätter und feine
Bildniffe auszeichnete, fchon oben (Bd. II. S. 413 und 417) genannt worden, nur
noch zwei Meifier hervorgehoben zu werden, die beide in Nürnberg anfäffig
waren. Der eine von ihnen, Vzägilizis Salisl) (1514-1562), war auch Nürn-
berger von Geburt. Seine Stiche aus allen Gebieten der Mythologie, der Ge-
fchichte und des Lebens find fo ungleich, dafs man vermuthet, er habe, wie
für feine Holzfchnitte, fo auch für fie manchmal nur die Zeichnungen geliefert
und die Ausführung andern Händen überlaffen. Seine Formengebung fchlofs
fich anfangs an diejenige der Kleinmeifter an, enthielt alfo neben dem Streben
nach italiflrender Abrundung noch einen guten Kern altdeutfcher Strammheit,
wurde aber fpäter immer haltlofer. Vorzüglich in ihrer Art flnd die ornamen-
talen Uinrahmungen mancher feiner Blätter, wie diejenigen der neun Heroen
und den neun Heroinen der Gefchichte (Bartfch 54-71) und der zwölf römifchen
Kaifer (B. 72_83); und diefe Blätter fmd, gerade weil fie Einzelgeftalten dar-
ftellen, überhaupt geniefsbarer, als feine meiflen Hgurenreicheren Compofitionen.
Unter den letzteren wird oft fein Blatt wdie Wiedertäufera (B. N0. 265) hervor-
gehoben, eine lebendig, aber auch leichtfinnig aufgefafste Badeftubenfcene.
Paffavant brachte fein Stichwerk auf 626 Nummern, Handzeichnunggn {einer
Hand (Fig. 448), befonders Federzeichnungen, die manchmal in farbiger Tinte
ausgeführt find, kommen in unferen Cabineten ziemlich häufig vor. Der andere,
jvfi 1411111211111), war 15 39 in Zürich geboren, fiedelte aber 1560 nach Nürnberg
über, wo er 1591 ftarb. Auch er war ein aufserordentlich vielfeitiger und
fruchtbarer Meifter, Kupferftecher, Radirer, Zeichner für den Holzfchnitt, ja
xft Amman.
I) Burg klz, Peintre-Graveut IX. p.
Allg. Künfilerlexicon XVII. S. 3I-4I
grammißen V. p. 264.
2) Monographie: C. Becker, jobfl
brachte felbfländige Ergänzungen. Ferner in Näglefs Mono-
Amman; Leipzig 1834.