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Buch.
DrItteS
Abthei1ung.
Zweiter Äbfc:11ni1t.
Tuki:1.betbuch in der Universitätsbibliothek zu Turin1J zurück, das für einen Herzog
von Burgund in einer Zeit französischer Angriffskriege, also wahrscheinlich für
Karl den Kühnen bald nach feiner Thronbesteigung, als I.udwig XI. ihn bes
drängte, entstanden ist. 0efter ist der fürstliche Stifter, noch Ziemlich jung,
dargestellt, zweimal zu Pferde mit feinem Gefolge, wie Gott Vater oder Christus
ihm tröstend erscheint. Ein andermal betet er zu dem Gekreuzigten, und im
Sockel ist ein Turnier dargestellt, bei welcher der Bes1egte den gallischen
Hahn, der Sieger den burgundischen Löwen als Wappenthier führt, und der
Text ein Gebet um Hilfe gegen die Feindse1igkeit des Königs von Frankreich
ist. Auf die gefälligen Monatsbilder des Kalenders folgen die ausdrucksv0llen
Passionsfcenen. Lichtefsecte sind gewagt, mit welchen die stafseleimalerei sich
noch selten abgibt; die Gefangennehmung ist ein trefflich behandeltes Nachts
stück mit Fackelschein. Zum Pfingstfest ist eine Procession in einer Kirche dars
gestellt. Interieurs und Landschaften sind meisterhast behandelt.
w1Y1i33, Der, zweiten Hälfte des IF. Jahrhunderts gehört ferner auch ein Gebetbuch
hih1ik2kh2k. der Hofbibliothek in Wien an, das für eine unbekannte Frau fürH1ichen stans
des angefertigt wurde 2J. Auf dem ersten grösseren Bilde nach dem Kalender
erscheint sie mit Zal1lreichem Gefolge in Verehrung vor der Madonna. Die
Typen erinnern mitunter an die Richtung Jlslk7xzZjyzc7x, wie die thronende Mas
donna mit musicirenden Engeln sBl. 35 versoJ; ein andermal, bei der HalbHgur
Marias, die dem Kinde die Brust reicht CBl. 24J ist ein Motiv des Lagers Time Zier
PI4JszZm aus dessen Lucasbilde reproducirt. Die Pass1onsscenen sind höchst auss
drucksvoll, so die Kreuzanheftung CBl. 43 versoJ und Christus zwischen den
schachern am Kreuze mit Volksgruppen voll individuellen Lebens sBl. 99 verso.
Fig. 156j. Die Randverzierungen zeigen, wie hier, stilisirtes Blattwer1c und
Engel, oder sie werden noch realistischer, stellen z. B. Cwie auf 43 v.J unten eine
Brüstung mit einem Kissen, einem Rosenkranz aus Perlen, einem Gebetbuch,
einem offenen Schmuckkästchen und einem Riechfläschchen dar. Ausser reis
Zend gemalten Blumen, Trauben, bunten Vögeln kommen oft allerlei Dr6leries
an den Rändern vor, Kentauren, Skiopoden, Sirenen, behaarte wilde Weiber,
Bettler und Krüppel, Gaukler, die ihre Künste treiben, eine Sau, die am spinns
rocken f1tzt, ein Affe, der die Orgel spielt, der Fuchs in der Kutte oder als
Hühnerdieb, von einem alten VVeibe verfolgt.
ssikEkxde I1nmer grösser wird die Pracht zu Ende des I5. Jahrhunderts und zu An.
fang des I6. Nun entstehen jene Gebetbücher, unter denen das Breviarium
Grimani in der Marcusbibliothek zu Venedig das berühmteste ist, mit den
reichen Ka1enderbi1dern, den Heiligen und biblischen Darstellungen, die das
ganze Kirchenjahr illustriren, den realistischen Randverzierungen in ihrer Fars
benfreudigkeit. Aber obwohl besonders schön, reich und wohlerhalten, ist
das genannte Gebetbuch doch nur eines unter vielen, welche die gleiche Kunsts
stufe, eine Verwandte Behandlung, die nämliche Auffassung der Gegenstände
zeigen. Zwei Bücher dieser Art bewahrt das Baierische Nationalmuseum in
2J K. IV, 29. Kata1og CXlX.
3J Nr. I8s7. Vgl. Le Beffroi IV, S. III.
Buches gegeben werden, find nicht iiberzeuge11c1.
dafelbIk
die
DIE Nachweife,