Volltext: Die Malerei der Renaissance (Bd. 2)

DrIltes Buch. 
Ab111cilung. 
Zweiter 
Abfcl1nitl. 
wie ein Rathsherr neben ihm steht. 17haedra fährt in sechsspänniger Kutsche 
auf die Jagd. Die Danaiden sitzen im Nachthemd auf den Polstern ihrer grossen 
Himmelbetten, in denen ihre ermordeten Gatten liegen. Penelope als stattliche 
H Modedame und Telemach als reichgekleideten kleinen Junker, einen Jagdfalken 
auf der Hand, finden wir am behaglichen Kaminseuer1J. 
1;.s.k221vkis. In der Randornamentik erhält sich zunächft ein älterer Stil, der noch von 
zwangen. der niederländischsfranzösischen Schule des 14. Jahrhunderts abhängt: schwungs 
volles, farbiges Blattwerk, theils akanthusartig, theils realistisch, mit sauberen 
Blümchen, scherzhasten Einfällen, allerlei Thieren, Emb1emen, Devisen, aufs 
gesetzten Goldknöpfchen und gelegentlicher Anwendung von Gold an den 
Blättern bei farblosem Grunde. Allmählich kommt aber ein anderer Stil der 
0rnamentik auf, welcher aus dem Realismus des damaligen Kunstgefühls hers 
vorgeht: einzelne, ganz naturalistisch aufgefasste Pflanzen, Blumen, Früchte, 
besonders Erdbeeren, gelegentlich Insekten und andere Thiere, gleichfalls vo11 
höchst realistifcher Wirkung, hingestreut auf farbigen Grund oder auf einen 
matten, nur mit dem Pinsel aufgetragenen Goldgrund. So sind namentlich 
die Ränder der prächtigen Breviere seit der zweiten Hälfte des I5. Jahrhunderts 
verziert. 
1Jl3erreZv;;;s IF; Ein besonderes Gewicht legte WVaagen auf das berühmte B7szssziik;s des Hers 
13;dZFi:d, zogs von Bedf0rd, Regenten von Frankreich  und seit I423 
  Schwagers von Philipp dem Guten, zu Paris 2J. Der starke 0ctavband, mit 
mehr als 2500 Illustrationen, die Initialen nicht gerechnet, ist geradezu ein 
Compendium des religiösen Bilderreichthums der Zeit; die Compos1ti0nen 
erinnern mitunter noch an den älteren Stil, zeigen auch oft noch goldenen 
oder teppichartig gemusterten Grund, sind aber in anderen Fällen schon ganz 
von dem van Eyck7schen Stil durchdrungen und zeichnen sich durch Reiz und 
Zierlichkeit des Machwerks aus. Eine selbständige künstlerische Individualität 
PY:rti;tFf:ji1e, tritt uns aber in diesen Miniaturen nicht entgegen. Fast alles, was das Buch 
 enthält, wird zum Beispiel durch die grosse Kreuzigung, die im II. Jahrhundert 
in ein P0ntificale aus dem I4. in der Bibliotheque de Bourgogne hineingemalt 
ist, übertroffen TO. 
ch2s0nikvkm Dagegen ist die vollste Bewunderung bei dem Auszuge der Chronik 
JekvliJiTlT.m, von Jerusalem am Platze, einem Foli0bande mit nur I7 Blatt in der Hofs 
bibliothek zu Wien 4J. Die grösseren und kleineren Bilder, Einschiffung der 
Kreuzfahrer, Kämpfe, Eroberungen von Städten, Krönungen der Könige, zeigen 
wahrhaft eine Meisterhand. Alle Compositionen sind selbständige Kunstwerke, 
die Handlungen entwickeln sich anschaulich, die Charakters: sind individuell, 
die Interieurs und architektonischen Ansichten trefflich durchgebildet; die 
Landschaft ist poetisch aufgefasst, sogar die Luftperspective ist in höherem 
U Diese Beifpie1e aus der fkanzölifc11e11 Ueberfetzung des sueton, Lucan n. f. w., t454, Paris, 
Bib. des Arsena1s, Histoire 1o2, aus der Epistre d70t11ea n. f. w. von C11ri5tine de Pifan im Haag, 
königl. Bib1i0t11ek, aus den Epistres d70vide, Paris, Bib. nah, frane;ais 874. 
2J Bib. nat. Last. l7294.  Ueber das Miffa1e c1effe1ben Herz0gS im Britis11 Museum f. IXcXPmFseJz, 
Treccsures, I, S. t27. 
Z; Nr. 92ks.  Abbildung im 3. Bande des Ko.ta1ogs der Bib1iot11Eque de I3onrgogne. 
4J Nr. 2533.  Les croniques de Jherusa1em abregieS. Nach der Devise c4m11tke namy;: für 
Philipp den Guten angefertigt.
	        
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