Volltext: Die Malerei der Renaissance (Bd. 2)

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Vicrtes Buch. 
1I. Abt11ei1ung. 
zianifchen Gebietes und zugleich der eigentliclie Wandinaler der Schule. 
Auch Altargemälde fchuf er in beträchtlicher Anzahl; Galeriebilder feiner 
Hand aber find felten. Um ihn kennen zu lernen, mufs man ihn daher immer 
noch an den Stätten feiner Wirkfamkeit auffuchen. Er beginnt als friaulis 
fcher Autodidakt mit herber, eckiger Charakteristik, taftend und zu Uebers 
treibungen geneigt. In der Wende des ersten und zweiten Jahrzehnts des 
neuen Jahrhunderts mufs er in Venedig gewefen fein; iim 1513 kehrt er, 
offenbar durch Gi0rgi0ne beeinHufst, ins Friaul zurück. Zu allfeitigem 
Gleichgewicht brachte er es auch jetzt freilich nicht. Mit den grofsen Venes 
zianern verglichen, blieb er auch jetzt der derbere Realift, der raffinirtere, mit 
Verkürzungen fpielende Zeichner, der bei allem Feuer feiner Farben unruhigere 
Kolorift; aber er fchliff doch ein gutes Stück feiner Ecken ab und behielt 
zugleich die Wucht feiner historifchen Erzählungsweife vor feinen engeren und 
waJZibi1jfdek weiteren Landsleuten voraus. Seine Entwicklungsgefchichte tritt iins in dem 
mit verfehiedenen Unterbrechungen gemalten Freskencyklus der kleinen Kirche 
in Coia1to. S. Salvatore zu Cola1to am deutlichften vor Augen. Man betrachte z. B. die 
Darftellungen der Anbetung der Könige, der Verkündigung und der Flucht 
nach Aegypten an der rechten CnördlichenJ Schiffswand, um sich zu übers 
Zeugen, wie unbeholfen und eckig er bei allein Ringen nach lebendiger Ges 
staltung anfing; und man befehe die Gemälde der linken Chorwand, die Dars 
ftellungen der Auferweckung des La7.arus und jin der I.ünette darüberJ der 
Schwestern des Lazarus vor Christus, um fich die Fortfchritte feiner früheren 
Zeit zu Vergegenwärtigen. Wir können hier nicht alle erhaltenen und unters 
gegangenen Arbeiten feiner mittleren Zeit verfolgen. Auf der Höhe feiner 
Kraft erfcheint er in den leider stark angegriffenen, 1520 vollendeten Fresken 
im,B3s1M;soniii der MalchioftrosKape1le des Domes zu Trevifo. In die Deckenwölbung 
 malte er in kühnfter Verkürzung Gottvater zwifchen Engeln, im Begriff den 
heiligen Geist zur Jungfrau hinabzufenden, an die Wände, aufser Heiligenges 
ftalten, eine dramatifch aufgefafste Scene aus dem Leben des hl. I.iberale und 
eine grofse, realiftifche und lebendige Anbetung der Könige; alles mit grofser 
Ueberlegung und Bravour gezeichnet und in warmen Go1dton gehüllt. Tizia1is 
Altarblatt der Verkündigung Toben S. 748J vollendete den Cyklus diefer Ka. 
pelle. Am 20. August J520 aber ging Pordcn0ne den Vertrag ein, der ihn 
imp0m W. nach Cremona berief, damit er fich neben den dortigen Mcifiern Toben S. 345J 
uWMD an dem grossen Werke der Ausmalung des Domes betheilige. Die Gemälde, 
welche er hier zwifchen 1520 und I522 fchuf, find kühn und grofsartig, heben 
ihre realistifchsdramatifche Wirkung aber zum Theil durch ihre Uebertreibung 
wieder auf. Ueber den Arkaden der rechten Seite des Hauptfchiffes find es 
die Handwafchung des Pilatus, die Kreuztragung und die Kreuzigung, an der 
 westlichen Eingangswand ist es der Kalvarienberg mit der grofsartigen Scene 
der Kreuzesabnahme. Die Werke imponirten den Zeitgen0ffen gewaltig und 
hatten, da ihnen bei aller Krafsheit eine gewiffe Grösse innewolint, eine nachs 
haltige VVirkung. Das Jahr ,1528 fah dann feine gr0fsartigen Temperabilder 
im D9.;.2 zu an der Orgel des Domes zu Spilimbergo, die Jahre i525ss1526 sahen die 
,i21Tikl,YZs fchönen, für P0rdenone mafsvollen Freskencyklen in der Kirche zu Cafarfa 
i:inPZ.TTi2rTI entstehen. In Piacenza malte er i529s1531 die lebhaft bewegten Fresken 
aus dem Leben der Jungfrau und der hl. Katharina in der :iMadonna di Cams
	        
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