Volltext: Die Malerei der Renaissance (Bd. 2)

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Viertes Buch. 
Abthei1ung. 
völlig aufgeklärt. sicher ift jedoch, daf8 Tizian I5i6 nach Ferrara berufen 
wurde und dafs er I523 und I527 für die Gonzaga in Mantua thätig war. 
Seinen Wohnfitz behielt er aber in Venedig, wo er während diefer Periode 
mitten in der Stadt, in der Nähe der Kirche san Samuele wohnte. 
HEFT  VVir wollen uns nun die Hauptbilder, welche der MeiPccr zwifchen I5I2 und 
rpi2i:2s:5i2 u. I530 gefchaffen hat, nach gegenfiändlichen Gruppen Vergegenwärtigen und bes 
Wo. ginnen mit feinen dekorativen VVandbildern. Direkt auf die Wand hat Tizian 
Ws21sdbi1dcr allerdings nur felten mehr geinalt; doch hat er gleich nach Beendigung feiner 
in Vicws1. Arbeiten in Padua ein leicler untergegaiigenes Freskobild des Urtheils Salamonis 
 iii einer Gerichtsloggia zu Vicenza gefcl1affen, ja, fogar im Dogenpalafie 
vs:ue2iig. felbft hat er noch Verfuche in diefer Technik gemacht, indem er 1523 den 
noch erhaltenen hl. ChriPcoph0rus am Fufse der Treppe, die zur Rathshalle 
eniporführt, zu unbeftimmter Zeit die ebenfalls erhaltene Madonna in einer 
l.unette an der Scala dei Giganti, I524 aber die Freslcen in der leider beim 
Brandc des Jahres I577 untergegangenen Nikolaiiskapelle des DogenpalaPceS 
ausführte. Allein dle Technik der eigentlichen Wandmalerei war nie Tizians 
ftarke Seite gewefen, und fchon die venezianifchen Maler des fünfzehnten Jahrs 
hunderts, wie die Bellini, Alwife Vivarini und Carpaccio Toben S. 287, 295, 298Js 
hatten die 0el1nalerei auf ausgefp:1nntem Leinen, welche in der feuchten Sees 
luft längere Dauer verfprach für die malerifche Ausfchmückung von Binnens 
 .bevorzugt. Gerade im Innern der Säle des Dogenpalaftes war diefe 
 Dekorationsweife fcl1on von Tizians Vorgängern durchgeführt worden; es ist 
 daher felbltverfiäindlich, dafs Tizian dem gegebenen Beifpiele folgte. Auf 
einem der noch nicht ausgefüllten Wandfelder hatte Giov. Bellini die Scene 
der Demüthigung Friedrich l3arbaroffak; vor dem Papfte zu malen begonnen; 
Tizian vollendete diefes Gemä1de etwa I522. Er hatte einem der noch übrigen 
Felder ein Sclilachtenbild aus der venezianifchen Gefchichte zugedacht, weis 
clies er jedoch, fortwährend vom Rathe gemahnt, erPc I537 ernftlich in Angriff 
nahm. VVir werden es daher erst fpäiter kennen lernen. 
SFisF;FJs In der Staffeleiinalerei erreichte Tizian jetzt die freiefte Beherrfchung der 
Formen und Farben. Noch vernachläffigte er kein Bild aus Eile; noch quoll jeder 
Pinfelltrich aus feiner innigsten Ueberzeugung hervor. Hatte er eine Darstellung 
mit kräftigen Strichen aus vollem Pinfel unterma1t und die Figuren mit fchwarzeii 
Schatten, weifsen LichtPcellen und roth und gelben Mittelt6nen hingefetzt, fo 
1iefs er das Bild eine Weile flehen. ErPc nach einer zweiten und dritten Uebers 
malung erhielten die Formen die Feinheiten ihres individuellen Gepräges, erfi 
zu allerletzt gab er den Farben, fo körperhaft fie auch aufgetragen waren, jenen 
zarten, duftigen schmelz, welcher die kräftigen, glühenden Lokaltöne wie ein 
Hauch aus höherer Lichtwelt verbindet und in Einklang fetzt.  
A,mZ,EFmek In diefer Epoche fchuf Tizian eine Reihe grofsartiger kirchlicher Altars 
EJFsYse. bilder, die er allmählich auf eine neue, zugleich feinen koloriftifchen Abs 
DE.OVEIkkENs lichten dienende Kompofitionsgrund1age fi:ellte. Zum Theil malte er fie für 
GENIUS W      x 
P0m72U auswartige Kirchen. Noch heute mufs man den Dom Cnicht S. NiccoloJ 
.krev1fo.        
Dis in Trevis0 wegen TiZians originell gedachter Darftellung der Verkündigung, 
Auferstehung     
i1iBk1c,sis;ia. die Kirche S. Nazaro  Celso zu Brescia wegen des I 522 gema1ten herrlichen 
 Altarwerkes, deffen.Mittelbild die Auferstehung zeigt, das kleine Dorf Zopspe 
  in Friaul wegen TizianS Madonna mit dem hl. Joachim, der hl. Anna und dem
	        
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