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Viertes Buch.
Abtheilung.
find feine Formen und Farben noch fester und herber und erinnert er manchs
mal an Bellini, manchmal an Giorgi0ne; in der zweiten wächst feine Formens
und Farbengebung Zu der ihm eigenthijmlichen Breite und Kraft aus und hat
er einige der herrlichsten lxVerlce, die es auf der VVe1t giebt, geschaffen; in
feiner dritten, fog. vblondencc Manier, werden feine Formen knochenlofer und
lösen feine Farben sich, trotz der rosigen VVangen, die er gerade jetzt bevors
zugt, in ein helles Goldlicht auf, das manchmal fogar von ferne an Corregs
gi07s Tonmalerei erinnert.
DMZ:;1i3mgS. Palma7s Darste11ungsgebiet ist ziemlich befchränkt. Altarbilder bilden
gei2iek. eine erste Klasse feiner Werke; als zweite fchliefsen sich ihnen religiöse Hiftos
riens und Genrebilder ohne kirchlichen Zweck oder heilige lxVeihe an, meistens
mit iippigen Landfchaften ausgestattete grofse Breitbilder; die dritte Klasse
umfafst Bildniffe und bildnifsartige Darstellungen. Mit mythol0gifchen und
welt1ich historifchen Stoffen hat er sich nie ernstlich abgegeben, wenngleich in
den Listen feiner nicht erhaltenen Werke wohl hier und da ein derartiges Bild
vorkommt. Seine erhaltenen Bilder dieser Gattung zeigen vielmehr, dass es
ihm, auch wenn er einmal ein fchönes Weib in der Tracht und mit den Attris
buten der Judith oder der Lucrezia oder gar in der Gewandlosigkeit der Venus
malte, doch nur darum zu thun war, das Bildnifs einer Tagesfchönheit in
pikantem Aufzuge zu zeigen.
Ä1tZe:ik;;fder Von feinen Altarbildern erinnern die Madonna mit Heiligen und mufis
is zekm:is,cirenden Engeln in der Kirche zu Zerman bei Trevifo und das prachtvolle
i.ci.Ak2dam. Bild der Akademie zu Venedig mit dem zwischen fechs Heiligen thronenden
zu Venedig. Apostelfürsten Petrus noch an Bellini, wenngleich ihre breitere Formenfi.ille den
jüngeren Meister verräth und das letztere CFig. 4oyJ in feinem grossen Stil
und feiner fatten Farbenpracht schon zu den Hauptwerken Palma7s gehört.
iYukiFlkaH;:i3 Weniger vollendet erfcheint er in dem dreitheiligen Altarwerke der Brera zu
Mailand, deffen Hauptperfonen Konstantin und Helena mit dem wahren Kreuze
im Dom zu sind, und in demjenigen des Domes zu Serinalta, deffen Hauptbild den Tempels
BRUNO, gang Mariae zeigt. Auf der allerhöchsten Stufe feines Könnens erfcheint er das
is s. .x12ki2 gegen in dem Altarwerke der Kirche S. Maria formosa zu Venedig, wenngleich
zuiiJTJTZig: das Auge vor demfe1ben nur an der Prachtgestalt der hl. Barbara im Mittels
H. 3JJ,I,z,a, felde haften bleibt. Diefe hl. Barbara, wie sie dasteht mit dem Palmenzweige
in der Rechten, mit der Zackenkrone im braunen Haare, mit dem Ausdruck
siegreichen Schönheitsbewusstfeins mehr als siegreichen Märtyrerthums, den
üppigen Leib von Purpurgewändern in verfchiedenen Tönen umwallt, ist das
Urbild venezianifcher Frauenfchönheit und eines der wenigen vollendet fchönen
Werke, welche die Kunstgefchichte kennt CFig. 408J. Das Bild gehört der
reifsten Zeit des Meisters, dem Ende feiner zweiten Stilperiode an. Das prachti
volle Altarblatt der Kirche S. Stefano zu Vicenza leitet dann durch feine
zu W7W3. duftigen Fleifchtöne bereits zu den Werken der letzten Epoche Palma7s hins
über, welcher entschieden die grofsartige vAnbetung der Königen in der Brera
zu Mailand angehört.
.4x2ci2kek2iig. Unter den religiösen Gemälden des Meisters, welche beglaubigtermafsen
Bilder. nicht aus Kirchen, fondern aus Palästen ftammen, können wir wieder die biblis
fchen Hiltorien von den freien vSante Conversazionicc unterscheiden. Zunächst
find zwei biblifche Bilder zu nennen, die wahrfcheinlich identifch find mit