Volltext: Die Malerei der Renaissance (Bd. 2)

Malerei. 
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führung untreu zu werden, und sie sind zugleich, befonders auf dem Gebietes 
der Farbe, Idealisten jener glücklichen Art, welche nicht ihre fubjektive Ans 
fchauung mit dem Scheine der Wahrheit ausstatten, fondern die objektive 
Naturwahrheit, von der sie ausgehen, von innen heraus steigern und läutern, 
indem sie daran ihr eigenes Feuer zur hellsten Gluth anfachen.  
Im Mittelpunkt des ganzen venezianifcl1en Kunstfchaffens Pceht Tizian, G1iec1sku.1g. 
deffen Produktivität und innere Bedeutung es nothwendig machen, ihm ein 
eigenes Kapitel zu widmen. Tizians Mitfchüler bei Giovanni Bellini, die zum 
Theil zugleich als feine Vorgänger anzusehen sind, müffen zunächst für sich bei 
trachtet werden. Giovanni Bellini hatte in feinem langen Leben felbPc vers 
fchiedene Entwickelungsphafen durchgemacht. Die frühere Generation feiner 
Schule Toben S. 295.306J gehörte noch ganz dem Quattrocento an. Seine 
jüngern Schüler und Nachfolger aber, die in diefem Kapitel befprochen werden 
follen, sind die Träger der neuen Aera in Venedig. Mit völliger Sicherheit 
läfst sich allerdings bei kaum einem von diefen nachweisen, dafs er ein wirks 
licher Schüler Bellini7s gewefen; bei ihnen allen ist es aber aus äufseren und 
inneren Gründen f0 wahrscheinlich, dafs sie f1ch eben deshalb zu einer bes 
fonderen Gruppe Zusammenfügen. 
Als eigentlichen Bahnbrecher der ganzen Richtung des I6 Jahrhunderts GI0IgIOsOs 
wies fch0n Vafari1J die erste Stelle nach Leonardo da Vinci dem grofsen 
67z7m;gzio Brz2sHrzrxsZZi von Caskelfranco an, der eben weil er der grofse Giorgio 
war, fchlechthin Giorgione genannt wurde und wird. Giorgione wurde 
1478 2J in oder bei Castelfranco geboren. Es scheint, dafs er, wie Leonardo, EITHER. 
der natürliche Sohn feines Vaters gewefen; und wie Leonardo zeichnete er sich 
durch Geist und Schönheit, gefellige Talente und eine vielfeitige küns7clerifche 
Begabung aus, wie Leonard0 wird er als vorzüglicher Musiker, und, feinen 
Gaben eytfprechend, wird er als Liebling der Frauen geschildert. Von feinem 
Leben iPc übrigens fehr wenig bekannt. Dafs er ein Schüler Be1lini7s gewesen, 
erzählt Ridolf1 und bestätigen feine Bilder. Im ersten Jahrfünft des neuen Jahrs F Dis 
hunderts arbeitete er für den Cond0ttiere Tuzio Costanzo in feinerVaterstadtCaftels  HEXEN 
franco; z. B. schmückte er deffen leider nicht erhaltene Familienkapelle mit WieMncoi 
Wandgemälden. Die Fragmente eines aus Medaill0ns, Masken und Geräthen 
zufammengefetzten Fries es, welcher unter der Decke eines Saales in dem Haufe, 
das Giorgi0ne bewohnt haben foll, entlanglief, werden gegenwärtig an vers 
fchiedenen Stellen Cas7celfranco7s gezeigt; die Behauptung aber, dafs Giorgione 
sie gemalt habe, überzeugt keineswegs. Vielmehr ist nach unferer Uebers 
zeugung in Castelfranco nur ein echtes Werk Giorgione7s erhalten, das Haupts 
werk feiner Jugend, das Altarblatt der ehemaligen Kapelle Cosianzo, welches 
II Bd. JIliZcmeF, 1V, p. 91 Eilet Kommentar dazu ganz vera1tetJ. Bahnbrechend war Cw7w is. 
Ca7Jc7ZmJeZJkI7.s Behandlung des Meisters in ihrer History of painting in North Ita1y CLond0n 187lJ. 
Vol. II. Deutsche Ausgabe des Gefarnmtwerkes von ,7emi:m VI Cl876J, S. 154s218.  L. M .5x4c:x. 
             
In 72zZ. JlJ2yky7.k A11g. KiinsklersLexikcm Il C1878J, S. 692s7o5.  Wichtige neuere Anschauungen 
bei Lem;oZiHK 2:Die Wer1cecs, bef. S. 178s197. 
2J So verbesserte NczJ22si sich in der 2. AuA., nachdem er in der ersten t477 gefchkieb6l1s Er 
wird daher inzwischen Erkundigungen eingezogen haben. Ohne triftigen Grund wird Gi0rgi0neYs Ges 
burtsjahr vermuthungsweise von neueren F0rschern auf 1476 oder gar r475 hinanfgeriickt. 
Geschichte d. M21ekei. 11. 46
	        
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