Drittes Buch.
Abt11eilung.
Erl1er Abfcht
Nischen, ni111mt die Aufsenfeiten der vordersten Flügel ein; öffnen sich diese,
so stehen vier lebensgr0sse Kirchenpatrone, Blalius, Johannes der Täufer,
Hieronymus und Aegidius, voll milder Würde in einer Halle mit Kirchen.
fenltern, durch welche das Licht wirkungsvoll einfällt. Das Innerste stellt in
der Mitte Christus zwischen den schachern am Kreuze, links die Kreuztragung,
an deren Rande als NebenHgur der Stifter kniet, rechts die Grablegung
und Auferstehung dar, während noch andere Momente aus der Pasf1onss und
Auferstehungsgeschichte in der Landschaft Platz gefunden haben. Auf dem
Mittelbi1de finden wir treffliche EinzelZüge. Die nackten Körper am Kreuze,
die aufblickenden Köpfe in ihren Verkürzungen verrathen selbständiges Studium.
Die Soldaten, welche um die Kleider l0osen, sind eine höchst lebendige Epifode.
Aber die emporweisende Geberde des Hauptmannes ist lahm, auch in der
Gruppe des Johannes und der Frauen ist manches hart und unzusammens
hängend. Edler und empkindungsvoller sind die beiden Frauen bei der Grabs
legung, und hoch p0etisch wirkt auf derselben Tafel die untergehende Sonne
am See, an dem ganz klein die Erscheinung des Herrn vor feinen Jüngern zu
sehen ist 1J.
kleinem Unter manchen kleineren Bildern, die unverkennbar von Memlinc7s Hand
Mi:iiZ11YiY.M. lind, kehren mehrere einander ziemlich ähnliche Darstellungen der thronenden
Madonna wieder, meist mit einem muf1cirenden Engel, einem farbenprächtigen
Teppich, einer reichen architektonischen Umrahmung und einem anmuthigen
Fernb1ick aus der Halle, die den Schauplatz bildet, in die Landschaft. Ein
solches Bildcl1en, zu dem noch Flügel, die beiden Johannes, auf den Aussens
seiten Adam und Eva, gehören, befindet sich in der kaiferlichen Galerie in
wies. Wien, ein anderes in den Ufsizien zu Florenz, ein drittes im Gothischen Haufe
TiJYkiilT. zu Wörlitz 2J, ein viertes, auf welche1n der Stifter vom heiligen Georg empfohlen
London. wird, in der Nationalgalerie zu London.
Haben wir im Vorhergehenden nicht alle von Memlinc erhaltenen Arbeiten
auszahlen können, so ist es vollends nicht möglich, bei der grossen Zahl von
Bildern unbekannten Ursprungs, die einer ihm verwandten Stilrichtung ans
gehören, zu verweilen. Aber da Wandmalereien dieser Epoche überaus selten
sind, seien wenigstens die vor einigen Jahren bei einer Restauration in Notres
xvsB;u2i1dck, Dame zu Dijon zum Vorschein gekommenen Wandbilder erwähnt. Das nörds
Wo. licl1e Seitenschiffs enthält unter den Fenstern Gestalten einzelner Heiliger nebst
einem knieenden Stisterpaar, die alle sehr gelitten haben. Etwas besser erhalten
ist aber die grosse Compof1tion der Kreuzigung an der 0stwand des nördlichen
Querhausarmes. Christus am Kreuze, der plastifch eingefügt war, fehlt. lxVir
sehen die gekreuzigten Schächer mit Engel und Teufel, links die klagenden
Frauen mit Johannes, rechts die Krieger, von denen fast nur die Fahnen, eine
mit dem Doppeladler, noch übrig sind, in der Landfchaft mit schöner Stadts
ansieht auferstehende Todte. Bei guter Formenkenntniss, schlichten, edlen
Charakteren und massvo1lem Ausdruck tiefen Gefühls kommt dies Werk
Memlinc nahe, an dessen Typen besonders die Frauengruppe erinnert.
1J Farbc11c1rucke der Arunde1 Society.
2J DiesJvie das Bild in FVie11 Hugo v
getauft.
Goes