672
Viertes Buch.
Abthei1u11g.
und mit begeisterter Liebe gaben f1e f1cl1 dem Zauber feiner Persönlichkeit
und feiner Kunst gefangen. Da die meisten von ihnen darüber aber ihre Selbs
ständigkeit und eigene Schopferkraft verloren, so ist die Zahl der Schüler
Raphaels, welche die Nachwelt kennt und die Kunstgefchichte nennt, nur klein.
Seine I.ieb1inge, denen er auch feinen Nachlass vermacl1te, waren Francesco
Penni, gen. vil fattorea, und Giuli0 Pippi, genannt Giulio Romano. Ihre Namen
sind fast mit allen Arbeiten der letzten römischen Epoche Raphaels verknüpft.
Der Florentiner Cix2T.s. F7s. Pm7zi war eine unfelbständige
Natur. Er arbeitete nach Raphaels Entwürfen und Angaben in den I.oggien
des Vatikans, an den Sockelfriesen der Tapetenkartons, an der Decke der Villa
Farnef1na; er schuf im Konstantinsfaale das Bild der Taufe Christi; er führte
nach RaphaeIs Tode mit Giu1io Romano die iiKrönung Mariäcc für Monteluce
Cjetzt im Vatikan, oben S. 67oJ aus; er kopirte I5I8 die Grablegung Raphaels
sdie Kopie ist jetzt in der Turiner GalerieJ und für Papst Clemens VII. die
Transfiguration sjetzt verfchol1enJ. Von feinen eigenen Werken aber ist kaum
etwas zu nennen.
Der Römer Gewinn Pipj7i1J war der felbständigste und bes
deutendste Schüler Raphae1s. Aber gerade ihm hätte man, wenigstens fo lange
er für Raphael arbeitete, eine geringere Bethätigung feiner Selbständigkeit ges
wünscht. Eine derbere Natur, als fein Meister, überfetzte er deffen Kartons
bei ihrer Ausführung in feine eigene unfeinere Formenfprache und in feine
eigene härtere Färbung, die Hch z. B. durch ziegelrothe Fleifchtöne und
rauchige Schatten bemerkbar macht; und dazu rivalisirts der Einfluss Micheli
angelo7s in allen feinen Werken nicht zu deren Vortheil mit demjenigen
Raphaels. Gleichwohl fiel ihm der Löwenantheil an der Ausführung der Ents
würfe des Meisters zu; ja gerade ihm überliefs er in feinen fpäteren Tagen
seio:AcbeZ am oftesten fogar die Komposition; und eine reiche Erfindungsgabe und eine
1FYpJTTi; blühende Phantasie gehören in der That zu den besten künstlerifchen Eigens
EMWMm fchaften Giulio7s. Unter und für Raphael arbeitete er fchon in der Stanza
dell7 Incendio, dann in den Loggien, in welchen er die 0berauff1cht über die
Herstellung der Figurenbilder führte, ferner in der Farnef1na, wo die Zwickels
und Stichkappenbilder aus der Geschichte Amors und Pfychels zum gröfsten
Theil von feiner Hand herrühren, endlich, nach Raphaels Tode, im Konstans
tinsfaal, in welchem ebenfalls das meiste, namentlich die Ausführung des Sch1achs
tenbildes, auf feine Rechnung kommt. Auch viele der Tafelbilder, welche
unter Leo X. bei Raphael bestellt wurden, führte Giulio aus, befonders die fürs
Ausland bestimmten, wie die Bilder des Louvre, welche für Franz I. bestellt
worden waren; wahrscheinlich auch die vPerlecc des Madrider Mufeums; und
nach des Meisters Tode vollendete er die Darstellung der vVerklärung Christick
und, wie bereits erwähnt, gemeinschaftlich mit Penni die vKrönung Marias.
Frühee,ige11s Als frühe selbständige dekorative Arbeiten Giulio Romano7s kommen die
iiiii1eiTJsesi mytho1ogischen Fresken in der Villa, die er I52I für den Kardinal Giulio de,
FMken. Medici unter dem Monte Mario bei Rom erbaute Cjetzt vVil1a Madamacc ges
nannt, leider ganz ruinirtJ, sowie die Fresken aus der römifchen Gefchichte in
de11e
II
Mit 40
di
Jpere
Rc
Giu1i0 Pippi
Aufl.
1842.