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Viertes Buch.
Abtheilung.
Christi und das Abendmahl darstellen. Man hat diefen grofsen Bildercyklus
auch yRaphaels Bilderbibelcc genannt; und wenn auch den Schilderungen aus
dem Leben Davids und Salomons und den vier Bildern aus dem neuen Tes
ftamente nur Entwürfe von Schülerhänden zu Grunde liegen, f0 bleiben doch
noch vierzig Kompositionen in zehn Arkaden übrig, welche wir als Ersinduns
gen Raphaels anfehen; und feine Gabe, mit wenigen Gestalten fchlicht und
einfach, aber fchön und lebendig zu erzählen, ist gerade in diefen Komposis
tionen zur reifsten Entfaltung gelangt. In den Sc11öpfungsbildern konnte der
Meifter sich freilich nicht von Miche1angelo7s Darftellungen in der sixtinifchen
Kapelle befreien. Dazu war es ihm ein viel zu grofses Bedürfnifs, f1ch alles
BePce, was er fah, anzueignen. 1n den Gefchichten Adams und Eva7s aber,
den fchönften der ganzen Reihe, iPt er wieder ganz er felbft; und fchöner, als
hier, find Menfchen niemals dargestellt worden. Dann folgen in langer Reihe
die übrigen bib1ifchen Scenen, die immer sigurenreicher werden, je weiter das
Menfchengefchlecht f1ch zu der Zeit, von der f1e erzählen, über die Erde vers
breitet hatte. Bald feffelt uns ihre idyllifche Ruhe und Einfachheit, bald ihre
dramatifche Lebendigkeit, immer die volle Klarheit des dargefte1lten Augens
blicks und die vollkommene Linienfchönheit in den Bewegungsmotiven und
in der Gruppenbildung.
R2ph271s Die Darstellungen Christi und der zwölf Apostel, welche nach Raphaels
FrETiTnd;;sds Entwürfen in der Sala vecchia de, Palafrenieri des Vatikans ausgeführt wurs
PaMkemM den, find leider in fremdem Stile ganz überarbeitet worden. Im Vatikan kommt
o2.s132k12. jedoch noch das Badezimmer des Kardinals Bibbiena in Betracht, weis
ches um I5I6, theils nach Raphae1s, theils nach feiner Schüler Entwürfen, aber
BibbieM ganz von schülerhänden mit vGrotteskencc und mit erotifchslüPcernen Bildern
aus dem Leben der Venus und dem Treiben Amors gefchmückt wurde.
1Y;2r1:T:Ls Auch in die Sixtinifche Kapelle follte Raphael feinen Einzug halten.
kcik.dis Tep. Die Wandfockel unter den grofsen Gemälden der toskanifchen und umbrifchen
s1iHkiiiiisLiiTn Meifter des 15.Jahrhunderts bedeckten alte Teppiche, deren primitive Zeichnung
Kapelle. allzuhart gegen Michelange1o7s Deckenbilder abftechen mochte. Leo X. beaufs
tragte Raphael, die Kart0ns für neue Teppiche anzufertigen. II Sie f0l1ten
zehn Darftellungen aus der Apoftelgefchichte enthalten; und die Kart0ns zu
denfelben, welche der Meister mit nur untergeordneter Beihülfe feiner Schüler
I 515s1516 malte, gehören zu feinen reifsten und köstlichsten Werken. Dafs
er auf den GobelinssStil nicht genügend einging, mag die Gefchichte der
Kunstgewebe rügen; die Gefchichte der Malerei bewundert die Kartons als
f0lche und f1eht in ihnen unerreichte Muster hiftorifcher Darstellungsweife.
1dB:aFFbo Die zehn Ereigniffe, welche Raphael darfiellte, waren: II der wunderbare Fifchs
üc1lu11ge::. Zug; 2J die Uebergabe der Schlüffel an Petrus; 3J die Steinigung des stephas
nus; 4J die Heilung des Lahmen durch Petrus und Johannes; 5J der Tod des
Ananias; 6J die Bekehrung des Paulus; 7J die Bestrafung des Elymas; 8J das
Opfer zu Lyftra; 9J Paulus in Athen; 10J feine Befreiung durch ein Erdbeben.
Nicht erhalten haben f1ch die Kartons zur dritten, zur fechften und zur
zehnten diefer Darftellungen. Die übrigen f1eben befinden sich im South Kens
CIvit
Anmerkungen von .4.
feinen
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