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Viektes Buch.
II. Abthei1ung.
in Verbindung mit dem feier1icheren Ausdruck diefem Bilde eine religiöfe
Weihe, in welcher sich die kirchlichere Gesinnung wiederspiegelt, die am Ende
dieser Epoche auf dem lateranifchen Koncil zum Durchbruch kam. Doch ist
das Bild wohl nicht ganz eigenhändig ausgeführt. O Die einzige sigurenreichere
DieMa3iqm1a heilige Familie, welche hierher gehört, wird die :sMadonna del divino amorea
ndZ:i1Z1k1:iim genannt und befindet sich im Neapler Mufeum; und auch hier bricht die kirchs
1ichere Strömung sich Bahn: die Madonna faltet hinter dem Rücken des Kindes
auf ihrem Schoosse die Hände und betet es an. Elisabeth und der Johanness
knabe sind auch zugegen, die beiden Mütter sitzen traulich nebeneinander auf
einer Bank in stattlicher Bogenhalle, in deren Mitte1grunde Joseph einsam
fchreitet. Die Komposition ist sehr schön, die Ausführung scheint aber auch
hier zum Theil kälteren Schiilerhänden überlassen gewesen zu sein.
Von den Altarblättern, die Raphael in dieser Periode gemalt hat, ist die
dii.0keko. unter dem Namen der yMadonna di Loretoik bekannte Darstellung, welche
Julius II. für die Kirche S. Maria del Popolo hatte malen lassen, nur in Kopien
bekannt. Das Christkindchen liegt im Bette; erwachend streckt es die Aermchen
nach seiner Mutter aus, welche den Schleier, mit dem es bedeckt war, empors
hebt, während Joseph, auf seinen Stab gelehnt, mifsmuthig über ihre Schulter
blickt. Zwei erhaltene, eigenhändig ausgefuhrte Altarblätter, die Raphael
unter Julius 1I. geschaffen, aber zeigen ihn auf der Höhe seiner Kraft; die 1iMas
donna di Fulignocc, welche I5II für die Kirche S. Maria Araceli in Rom ges
malt worden war, sich später in einer Kirche zu Fuligno befand, jetzt aber
eine Zierde der vatikanifchen Galerie ist, und die vMad0nna mit dem Fifchecc,
welche sich ursprünglich in S. Domenico maggiore zu Neapel befand, jetzt
aber ein Hauptbild des Madrider Museums ist.
DiFM2q02ms Die vMadonna di Fulignoci zeigt Raphae1s malerifche Qualitäten in ihrem
d1FullgMi höchsten Glanze; die Komposition ist fchlicht, aber durch die verfchieden
gerichteten Blicke der Heiligen von innen heraus belebt. Maria und das Kind
in ihrem Arme blicken von den Wolken, auf denen sie in einer Glorie von
Engelköpfen thronen, milde zur Erde hinab. Links unten kniet der h1. Frans
ciskuS und schaut mit verk1ärter Inbrunst gen Himmel, während Johannes der
Täufer, der neben ihm steht, zum Bilde hinausblickt und den Beschauer mit
erhobenersRechten zu der Erscheinung emporweist. Rechts kniet der Stifter des
Bildes, Sigismondo Conti, der Geheimschreiber des Papstes; hinter ihm steht
der hl. Hieronymus und empfiehlt ihn der Madonna, indem er sein Haupt bei
rührt; in der Mitte aber steht ein nackter Flijgelknabe, welcher mit beiden
Händen eine 1nschrifttafel hält. Das Erstaun1ichste an diefem Bilde ist die
Energie der ma1erifchen Durchführung. Die vier Männer sind äusserst indivis
duelI aufgefafste Charaktere, welche, ohne dass ihrer erhabenen Schönheit etwas
vergeben würde, in Köpfen, Händen und Gewändern mit intenf1vstem Realismus
durchgeführt sind; die Landschaft, in deren Hintergrunde über der Stadt man
einen Regenbogen und eine Caufsverschiedene Weife erklärte; Feuerkugel
f1eht, ist in der Glut und Klarheit der Farbe von einer Wahrheit der Naturs
anfchauung, die fpäter nur wenige Landfchafter von Fach erreicht haben; die
Exemplar
Bef1tze
im
Jc7oZ5ii2jwzCv.
BrieAiche Mittheilung