Volltext: Die Malerei der Renaissance (Bd. 2)

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Viertes Buch. 
Il. Abtheilung. 
aber ifl es, dafs Raphael, wenn nicht fchon vor, fo doch nach I 500 einige Jahre 
Perugin07s Schüler und Gefelle war und deffen Richtung lich mit leidenfchafts 
licher Wärme hingab; f1cher ist, dafs er in eigenen Bildern diefer Zeit Perugino7s 
Vorlagen benutzte und eine Zeitlang keinen anderen Ehrgeiz zu haben fchien, 
als feinem Lehrer zum Verwechfeln ähnlich zu werden, wobei feine eigene kiinPcs 
lerifche Kraft ihn jedoch, vielleicht unbewufst, fchon jetzt über den Meister von 
Perugia hinaustrug; f1cl1er endlich find gewiffe Beziehungen des jungen Raphael 
zu Pinturicchio Zuzugeben. Im Jahre 1504 war Raphael abermals in Urbino; 
 in diefem Jahre aber taucht er auch zum erften Male in Florenz auf; 1J und 
 wenn er in den folgenden Jahren auch verfchiedene kleinere Reifen 2J unters 
nahm, wie er jedenfalls öfter in Perugia war, wo er I 505 ein Freskobild malte, 
fo fcheint er in Florenz doch heimifch geblieben zu fein, bis er I508 nach 
Rom ging. In Florenz hatten Leonardo und Michelangelo 1505 ihre beiden 
grofsen, eine neue Aera hiftorifcher Komposition eröffnenden Kartons auss 
gestellt; und in demfelben Jahre hatte hier Fra Bartolommeo feine Thätigkeit 
auf der Grundlage des breiteren neuen Stiles wieder aufgenommen; in Florenz 
ging Raphael daher eine neue Kunfkwelt auf, deren Errungenfchaften er f1ch 
allmählich aneignete, fo dafs er, als er ls5o8 nach Rom ging, alles in lich 
aufgenommen und verarbeitet hatte, was die mittelitalienifchen Malers 
fchulen boten. 
 Hier wollen wir uns nach den Jugendwerken Raphaels umfehen. Mit 
bjs:egcF8. Morelli 3J Werke feiner frühften, urbinatifchen von denjenigen feiner umbrifchen 
CperugineskenJ Periode zu unterfcheiden, erfcheint uns noch zu gewagt. VVir 
werden das Jahr I5o8 als ungefahre Zeitgrenze anfehen und die Werke feiner 
gefammten urbinatifchen und umbrifchen Epoche feinen durch die florens 
tinifche Kunfi beeinflufsten Arbeiten gegeniiberftellen. 
 Wir beginnen mit der Betrachtung der frühen Madonnenbilder Rai 
         
MZj;ma keit und eine befangene religiöfe Innigkeit zeigen. Vielleicht das ältePce ders 
inS1F:1rYin. felben ift die vMadonna der Sammlung Sollyic in der Berliner Galerie. Es if: 
ein Kniefiück von umbrifcher Formengebung 4J und voller, warmer, leuchtender 
Farbe, von feierlicher Ruhe der Kompof1tion und heiligem, fast fentimentalem 
Ernste des Ausdrucks. Die Jungfrau fenkt ihre Blicke in das Andachtsbuch, 
seiner Schrift viDas vene2ianische s1iizzenbuchsi, Leipzig I882, im wesentlichen unsre Ansicht. wenns 
gleich er, auf andere Blätter in Oxford und Florenz gestützt Ia. a. O. S. l22J, einen bescheidenen, auf 
die Zuwendung weniger skizzen befchränkten Antheil Raphael7s an Pinturicchio7s Fresken annimmt.  
Unserer Ansicht ist auch ZU. 77zimjZ72g, Repertoriun1 1lI, s. 429ss43o. 
II Die Echtheit des von Be7imsi in den 2:Lettere pittoricheci zuerst publicirten Empfehlungshrieses, 
den Gi0vanna de1le Rovere am I. 01it. 1504. Raphael an den G0nfa1oniere Snderini in Florenz mirs 
gab, ist ohne Grund angefochten worden. Man vergleiche C. JlliZcmef in feiner Vasariausgabe lV, 
p. 320 unten und E.llJiiW2 a. a. O. p. 128. 
2J Dass er l 506 von Florenz aus Bologna besucht und hier Fr. Francia7S Bekanntschaft gemacht 
habe, ist nicht erwiesen. Doch vergleiche man darüber Z. B. E. JlIiZi2i2 a. a. O. p. 23o mit XI. Springer 
im Repert0rium 1V, S. 39o. 
3J Man vergleiche LzM:c7Zik;zf7F Ausführungen in feinem Buche 2:Die WVekke etc.sk, S. 357..377 
.mit feinen eigenen Modisikationen im Repertorium V, S. 17lss174. 
4J Nach LeIw2c2ZieJ sRepertorium V, S. I54J nach einer im L0uvre befindlichen Hand2eichnung 
Pinturicchio7s.
	        
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