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Viertes Buch.
Abthei1u11g.
Des Meifters zehn Fresken aus dem Leben Johannes des Täufers im Hof
imsca1:o.der Laienbruderfchaft dello Scalzo find mit langen Unterbrechungen
in verfchiedenen Jahren gemalt worden. Da sie einfarbig, braun in braun ges
malt find, fo find sie für die Entwicklungsgefchichte feiner Formengebung von
befonderem Intereffe. I; Die Taufe Christi, nach Vafari ein Jugendwerlc Andrea7s
Cca. I5I1J, fchlicht, aber noch unfelbständig, in der Anordnung augenfcl1einlicl1
durch Verrocchio7s Bild Toben S. 19oJ beeinflufst, dürftig in der Landfcl1aft.1J
2J Die Predigt des Täufers Cvor l5I5 vollendetJ. Intereffant ist die fchon Von
Vafari bemerkte Thatfache, dafs Andrea eine Gestalt diefes Bildes einem Kupfers
stiche, eine andere einem Holzfchnitte Dürer7s entlehnt hat. Z; Johannes
tauft das Volk CMärz I5I7 vollendetJ: eine Hgurenreiche Scene von feiner
Abrundung. 4J Die Gefangennahme des Täufers CJuli 1517J: ein Meisterstück
historifcher Komposition, mit acht Figuren aufserordentlich einfach und fpres
chend erzählt CFig. 356J. 5J Das Gastmahl des Herodes CJanuar 1522J. 6J Die
Enthauptung des Täufers CMai I523J. 7J Salome bringt ihren Eltern das Haupt
CMai I523J. 8J Der Engel verkündet Zacharias die Geburt des Täufers CAuguft
I523J: eine Kompof1tion von grofsartig fchlichtem Wurfe und gedankenvoller
Schönheit. 9J Der Befuch der Frauen CNovember I524J; ungemein edel und
liebenswürdig. IOJ Die Geburt Johannes des Täufers CJuni I526J, eine Wochens
stubenfcene der bekannten Art, aber von ungewöhnlich einfacher und würdes
voller Konception. ln vier anderen Feldern desfelben Hofes malte Ans
drea die fchönen Gestalten der vier Kardinaltugenden: 1515 die Gerechtigkeit,
um I52o den Glauben und die Barmherzigkeit, I523 die Hoffnung. Mit feiner
Renaiffances0rnamentik umral1mt, macht das Ganze, welches in Umrifsstrichen
verschiedener Hände publicirt ist, trotz feiner Farblof1gkeit und feiner stellen.
weife argen Zeritörung doch immer noch einen bedeutenden monumentalsdes
korativen Eindruck.
i22s.am1km. Auch Andrea7s Fresken im Vorhof und im Kreuzgang der Sers
Ema, vitenkirche S. Annunziata find zu verfchiedenen Zeiten entstanden, und
von den zwölf Bildern des Vorhofes rühren zwei von Vorgängern, drei von
Nachfolgern des Meifters her. Diefer malte hier zuerst I5o9gI5Io fünf Bilder
aus dem Leben des hl. Filippo Benizzi, des Stifters des Servitens0rdens,
nämlich II wie der Heilige einen Ausfatzigen bekleidet noch unbeholfen
komponirt, die Erzählung noch von der Landfchaft erdrückt; 2J wie ein Blitzs
fchlag die Spieler auseinandertreibt, welche den Heiligen verhöhnt haben
grofsartig in der überzeugenden Wucht des die Handlung vergegenwärtigenden
Augenblickes; 3J wie der Heilige einem Mädchen den böfen Geift austreibt
die fchöne Architektur und die fchönen Figurengruppen harmonifch aus einem
Guffe; 4J wie die Berührung mit der Bahre des todten Heiligen einen Knaben
zum Leben zurückruft von altflorentinifcher Kraft und Klarheit; 5I wie die
Kinder durch das Gewand Benizzi7s geheilt werden mit packender koloristis
fcher Wirkung ausgestattet. 1m Jahre I 5II fügte Andrea 6J die Anbetung der
Könige, dann, bis I 5I4, das gröfste Meisterwerk der Reihe CFig. 357J, die Dars
1J Nach J1JiZsmeJ as A. 0s, V, pi 9, 67 erst 1st4 gemalt. Dagegen jedoch Crowe u. cavaleas
fel1e a. a. O. Cengl.J III, P. 545. Milaneli unterstützt feine Datirung hier einmal nicht durch ein
Dolcument, wie bei allen folgenden Bildern; unfere folgenden Daten beruhen durchaus auf den von
JIJ27cmtJZ ja. a. O. S. 66s72J publicirten Dolcumenten.