Volltext: Die Malerei der Renaissance (Bd. 2)

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VierteS Buch. 
Abthei1ung. 
seiH;;usiks Der Mönch von san Marco bewegt sich in einer eng begrenzten Kunsts 
P are. Welt. Abgefehensvon dem Porträt Savonaro1a7s, welches gegenwärtig im Kloster 
san Marco aufbewahrt wird, hat er kaum Bildniffe gemalt, wenn er auch seis 
nen Heiligen gelegentlich Bildnifszüge geliehen hat. Die Gefchichte, die Mys 
thol0gie, die Allegorie lagen ihm fern. Im Sinne Sav0narola7s verfchmähte 
er das Nackte als folches, wenngleich gerade er feine Gewandfiguren, um lich 
ihr Verständnifs zu erleichtern, erst nackt Zu zeichnen pflegte, und wenngleich 
gerade er mit Entfchiedenheit die langbekleideten Engel des 15. durch die allers 
liebsten, unfchuldigsnackten Engelknäbchen des I6. Jahrhunderts erfetzte. Sos 
gar die Darstellung gröfserer Cyklen aus der Heiligenlegende war feine Sache 
nicht. Ihm fehlte die dramatifche Ader. Von gelegentlichen kleineren Fress 
ken abgesehen, malte er in feiner reifsten Zeit ausfchliefs1ich ruhige Andachtss 
bilder; aber innerhalb diefer beschränkten Sphäre leistete er das Höchste. Er 
1äuterte den oft trockenen Rea1ismus des Quattrocento zu einem reinen, aber 
stets vom Naturstudium ausgegangenen und daher weder k0nventionel1en 
noch manierirten Idealismus; er verwandelte die ifokephalen Reihen feiner 
Vorgänger in einl1eitlich gefchloffene, durch reines I,iniengefühl belebte, in 
der Regel pyramidal zugefpitzte Gruppen; er erfetzte die kalten Temperas 
farben der AltHorentiner durch warme Oeltöne und wurde der erste eigents 
scinKo1orir. liche Kolorist feiner Vaterstadt. Sein Kolorit ist ernst, tief, fatt und harmonifch. 
Vor allen Dingen aber blieb es ihm stets Ernst mit der re1igiöfen Wirkung, 
die er erzielen wollte, und fein eigener inbrünstiger Glaube fpiegelt sich ohne 
Süfse und Sentimentalität männlich und überzeugend in feinen VVerken wieder. 
VVie das Nackte studirte er auch die Gewänder; er gilt fogar als Erfinder der 
Gliederpuppe; und in der That hat niemand ihn an einfacher, vornehmer 
Schönheit des FaltenwurfeS übertroffen. Doch bewahren feine Formen und 
Farben bei all ihrem erfolgreichen Streben nach Schönheit doch eine gewiffe 
lceufche Strenge und Kraft, die hie und da noch ein alterthümlich herber Duft 
umweht. 
w2kkäreinek Die erste Periode feines Kunstfchaffens reicht bis zu feinem Eintritt inls 
PJiFTie. Kloster C150oJ. Aufser einer Reihe von Handzeichnungen,1J in denen man 
des Meisters Herkunft aus der Schule Roselli7s verfolgen kann, läfst sich aus 
D2sji;k.gns diefer Zeit nur ein Hauptwerk feiner Hand nachweisen: das Freskogemälde 
isYrixFfTtki2 des jüngsten Gerichts, welches, I498ssI499 im Klosterhofe von S. Maria nuova 
New. zu Florenz gemalt, sich jetzt in der kleinen Gemä1degalerie diefes Instituts be. 
findet. Den unteren Theil des Werkes hat Mariotto vollendet. Hier steht 
der Erzengel Michael und fcheidet mit erhobenem Schwerte die Verdammten 
von den seligen, deren Gruppen rechts und links noch ebenfo steif und alters 
thümlich erscheinen, wie die 1angbekleideten Engel mit den Marterwerkzeugen 
und den P0faunen im kahlen Mitte1raume des Bildes. Epochemachend aber war 
der obere, in7s abfchliefsende Halbrund komponirte Theil CFig. 352J: Christus 
II Es führt hier zu weit, auf Fra  Handzeich111mgen einzugehen; am ei11geI1endfke11 
hat M. LiiMse ja. a. O. II, S. I 54g171J He zu den GemäIden des Meisters in Beziehung gefetzt. 
Zah1reic11 find Ae in den samn1lungen der Ufäzien zu Florenz, der Miinc11ener Pina1c0thek, des Louvre 
zu Paris, der Akademie zu Venedig, der A1bertina zu Wien und des Berliner Mufeun1s, am zahlreichs 
lieu in der Sammlung der Frau Gr0fsherz0gin von VVein1ar vertreten. A. V. ZaJz72 in feinen osJahrs 
büchernis III, jt87oJ, S. 174s2o6.
	        
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