Die B1iithezeit
italienischen Malerei.
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wieder. Nirgends kommt Michelangelo7s Eigenheit, alles durch äusserst
siudirte hestige Bewegungen übermenschlich gewaltiger Körper ausdrücken zu
wollen, so rücks1chtslos zur Geltung wie hier. Die Kreuzigung Petri ist im
ganzen ruhiger gehalten. Doch hat Michelangelo auch hier den bewegtesten
Moment, den Moment der Aufrichtung des Kreuzes, an welchem der Apostelfürsl
bereits befestigt ist, gewählt; und so viel es möglich ist, windet und wendet
die Hünengestalt sich noch am Stamme des Kreuzes; so weit es angeht, richtet
sie den nach unten gewandten Kopf empor. Auch dem ungeübtesien Auge
muss es bei der Betrachtung dieser sigurenreichen Bilder klar werden, dass
Michelangelo sich in feinen alten Tagen der schrankenlosesten VVillkür überliess,
die bei ihm subjektiv nothwendig war, weil sie feiner innersten Ueberzeugung
entsprang, unter den Händen von Nachahmern aber, die unmöglich so ems
pHnden konnten, sofort zum pein1ichsten Manierismus werden musste.
Ueber die Tafelbilder Michelangelo7s können wir uns viel kürzer fassen H;CT1:1,ss
Nach Vasari und C0ndivi wäre fein allererstes Bild, welches er noch vor feinem T8ks1bE1dEsi
Eintritt in Ghirlandajo78 VVerkslatt gemalt hätte, eine kol0rirte Kopie nach
Martin Schongauer7s Stich des hl. Antonius Toben S. 109J gewesen. Von
feinen erhaltenen Werken ist die unvollendete Grablegung in der Londoner
Nationalgalerie,1J ein originell k0mponirtes Hochbild, vielleicht am frühsien L0I1dODs
entstanden; und allgemein anerkannt wird gegenwärtig, dass die grossartige
1sMadonna von Manchesterce der Londoner Nationalgalerie CFig. 347J ein eigens D,IFZJ11TFa0;IN8
händiges Jugendwerk Michelangelo,s ist.2J Ernst in der Mitte des Bildes thros Ckf,JZ;1jP
nend, hält die mächtige Jungfrau ein Buch in der Rechten; der kleine Johannes
steht zu ihrer Linken; von den zu beiden Seiten angebrachten schönen Engels
jünglingspaaren sind jedoch nur die zu ihrer Linken ausgeführt, die anderen
erst flüchtig angelegt. Das Bild ist in hellen, trockenen Temperafarben gemalt.
vortrefflich ist die Komposition in ihrer erhabenen Einfachheit, köstlich die
Modellirung der vollendeten Gestalten durchgeführt, und ein feierlicher, fast
missmuthiger Ernst spricht aus den Köpfen der gross gedachten Charaktere.
Michelangelo,s Biographen berichten nur von zwei Tafelgemälden, die er selbst
ausgeführt habe. Das eine derselben ist das Rundbild der UfHziän zu Florenz J;J1HFFH3F
CFig. 348J, welches er um 15o4 für Herrn Ange1o D0ni in dieser Stadt gemalt
hat. Joseph sitzt auf einer Balustrade und reicht das Christkind der zu seinen
Füssen knieenden Madonna hinab, die es, kühn nach rechts und rückwärts
gewendet, mit erhobenem Arme über ihren Kopf weg in Empfang nimmt.
Der kleine Johannes marschirt rechts im Mittelgrunde; im Hintergrunde aber
scherzen fünf nackte Jünglinge mit einander, die keinen anderen Zweck haben,
als alle landschaftlichen DetailS zu ersetzen; ein durchaus michelangelesker Zug,
wie auch die kühne Bewegung der Madonna bereits der subjektiven Auffassung
des Meisters angehört und die hellen, einfachen Temperatöne in Verbindung
1J Die Ec11theit if: oft bestritten worden: auch von ZL27Me a. O. S. I37J und FZ5s732gE7 Es
0s Si 454s.455J; und der eng1ifche Kenner C. lPMf2zfem hat es neuerdings CTimes vom l. Sept.
188lJ für ein von anderer Hand nach dem von Vafari erwähnten Entwiirfen Baccio Bandine11i7s auss
gefühttes Bild erklärt. Dagegen isk C. FJEJzzoJ2i Tini Arch. Stor. ita1. I879J für die auch von P.
Cc7mcZf:c.s anerkannte Ur11eberfc11aft Miche1ange1oIs eingetreten; und ihm folgen IWsc.kJzizniZ Hm CI.
cer0ne, 4. A11H., S. 646J und J. P. ZPixx2fc2s Hin der Academy, t881, No. 488, P. 2O5Js
2J so Zuerst C. F. IXIX7mgcJ2 in den TreaSnresi of Art II, p. 4l7ss4.l8.