nicderländifche Malerei
Jahrhunderts.
Abschatzung wurde, wie wir gesehen, JJ243m Um Alex Geer nach dem Tode
Dirk7s aus seinem Kloster berufen. Der Gegenstand war mit gelehrtem Beirath
ausgesucht worden. Der Doctor der Theologie Jan van Haecht erhielt im
Jahre I47I eine Gratisication, weil er draus alten Geschichtenbücherncc, nämlich
aus der Chronik des Gottfried von Viterbo, vder Stadt den Stoff gegebencs.
Diese Sage gibt dem in VVahrheit unvermählten Otto IlI. eine verbrecheris
sehe Gattin, die einen frommen Grafen bei Hofe vergebens zum Ehebruch zu
verführen suchte. Als sie ihre Liebe verschmäht sieht, verklagt sie den Grafen
bei ihrem Gemahle, dass er sie habe entehren wollen. Jener wird hingerichtet,
aber feine Wittwe beweist durch ein Gottesurtheil, indem sie ein gluhendes
Eisen in der Hand hält, vor dem Kaiser die Unschuld des Getödtete11, und
nun wird die Kaiserin verbrannt. Die erste Tafel zeigt in der Ferne wie der
Graf zum Tode geführt wird und als Hauptvorgang feine Enthauptung; fein
treues VVeib nimmt den Kopf in Empfang; Kaiser und Kaiserin schauen von
der Pfalz herab zu. Auf der zweiten Tafel kniet die Frau, das Haupt in der
einen, das glühende Eisen in der anderen Hand, vor dem Kaiser; im Hinters
grunde findet die Verbrennung der Kaiserin statt II. Die Gegenstände boten
hier dem Meister ungleich grössere Schwierigkeiten; das Dramatifche der Vors
gänge hätte entfchiedenere Handlung und eine höhere Lebendigkeit der Coms
p0f1tion, die ihm verschlossen waren, verlangt, fchon der Mafsstab lebensgrosser
Figuren war ihm ungünstig, da er die Steifheit noch auffälliger macht. Dens
noch ist der Eindruck impofant; alles Pathos bleibt fern; stilles, feierliches
Mitleid prägt sich in den Zeugen der Hinrichtung auf dem ersten Bilde, ernste
Hingebung auf dem zweiten in der Frau, sanftes, redliches Bedauern im Kaiser
aus; mag das nicht Alles sein, was diefe ungewöhnlichen Vorgänge verlangen,
so geben die Empfindungen sich doch mit so echter, tiefer lnnerlichkeit, dass
sie ergreifen, und die Gestalten in ihrem slandrifehcn Costüm sind trotz aller
Lahmheit und Schüchternheit der Bewegung doch voll Noblesse.
Nach diefen geücherten Werken lässt sich noch eine kleine Zahl anderer
dem Meister zuerkennen. Zunächst zwei kleinere Triptychen: das Martyrium
des heiligen Erasmus, auf den Flügeln die Heiligen Hieronymus und Bernhard,
in St. Peter zu Löwen und das Martyrium des heiligen Hippolyt in der Kathes
drale zu Brügge. Auch so grausame Todesstrafen gehen ganz gelassen vor
sich, diejenigen, welche sie vollstrecken lassen, sehen höchst würdig aus, und K:itI1edss1ss
selbst im Schmerz bleibt die Milde der Heiligen unerschütterlich. Eine von
Dirk7s trefflichsten Arbeiten ist der Kaiser Augustus, dem die Sibylle die
Madonnenerfcheinung zeigt, im Städel7schen Institute zu Frankfurt. Die
spielt auf belebtem öffentlichem Platze, die Compof1tion ist wieder zerstreut, TM.
die Hauptf1guren sehen nicht einmal richtig auf die Erfcheinung hin, aber in
Charakteren, Kraft der Farben und malerifchem Hintergrunde steht hier der
Meister auf voller Höhe. Wahrfcheinlieh ist dann auch eine Gefangennehmung
Christi in der Münchener Pinakothek eine Arbeit des Dirk Bouts; sie stimmt 1uiik.c12ek2.
mit den Flügeln des Löwener Abendmahls daselbst in Cl1arakteren, Formen
und Behandlung vollkommen, ist aber in der Färbung gedämpfter, weil es
eben die Abf1el1t des Künstlers war, diefe Scene im Dämmerlicht zu halten.
Schwacher Stich
England
Belgien,
und
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