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iertes Buch.
Magnif1c0, der grosse Mediceer, wurde auf den Knaben aufmerkfam und liefs ihn
in feinem Palaste mit feinen eigenen Söhnen weiterbilden. Unter den Augen
des feinen Humanisten Poliziano, am Sonnenlichte der neugegründeten p1atos
nifchen Akademie, in der glänzendsten und geistig bedeutendsten Atmofphäre
des ganzen damaligen Europa, reifte der Knabe zum Jüngling. Von 1496s
I5oo dauerte Michelangelo7s erster römifcher Aufenthalt, während deffen er
sich zum gr6fsten Bildhauer feit den Tagen des Praxiteles und Lysippos ents
wickelte. Von I500ssI5o5 zeichnete, malte und meifselte er wieder in feiner
Vaterftadt Florenz. Im März I505 rief Julius II. ihn nach Rom zurück. Der
grofse Papft und der grofse Künstler hatten sich gefunden. Freilich kam es
zwifchen den beiden eigenwilligen Männern fchon I5o6 zum jähen Bruch, in
Folge deffen Michelangelo plötzlich nach Florenz entfloh; aber bald darauf
erfolgte in Bologna die Verf6hnung; I5o8 waren beide wieder in Rom; und
während der Papst den Meister bis dahin mit grossen plastifchen Unternchmuns
gen befchäftigt hatte, liefs er ihn jetzt die Deckenbilder der f1xtinifchen
Kapelle malen. Julius II. ftarb 1513; und wenn fein Nachfolger, der Florens
tiner Giovanni de, Medici, welcher als Leo X. den päpstlichen Stuhl bestieg,
auch grosse Pläne durch Michelangelo auszuführen gedachte, fo verstand er
es doch nicht, die Kräfte des Meisters zu k0ncentriren und fruchtbringend auss
zunutzen. Er fchickte ihn I5I6 aus Rom fort, damit er die Faffade der Lorenzs
kirehe in Florenz in Angriff nehme; und erst I8 Jahre fpäter kehrte Micheli
angelo dauernd nach Rom zurück. WVährend der Regierungszeit Leo,s X.,
Hadrian7s VI. und Clemens, VII. vergeudete er anfangs feine Zeit in den Steins
brijchen von Carrara und Pietra santa, war er vorübergehend in Genua, in
Venedig, in Pifa, felbst in Rom; aber fein Domicil hatte er während diefer Zeit
in Florenz, wo er 1519 zum Mitglied der Akademie, I52I zu einem der Prioren,
I529, als das Heer Clemens, VII. gegen Florenz rückte, zum Generalk0mmiffar
der Befestigungen ernannt wurde. Nach dem Untergange der florentinifchen
Freiheit verzieh Clemens ihm, aber erst im Todesjahr diefes Papstes, erst I534
kehrte er, nachdem er bis dahin an den Mediceergräbern in Florenz gearbeitet
hatte, nach Rom zurück, das er lebend nicht wieder verliefs. Unter Paul III.
wurde Michelangelo 1535 zum 0bersArchitelcten, Bildhauer und Maler des
apostolifchen Palastes ernannt; unter ihm fchuf er das Riefengemälde des jüngs
ften Gerichts, und unter ihm verlebte er in der Freundfchaft und Liebe mit
Vittoria Colonna, der berühmtesten Dichterin Italiens H 1547J, die g1ücklichften
Jahre feines Lebens. Reich an Ehren und unausgefetzt thätig überlebte er in
Rom nicht nur Paul III. 1549J, fondern auch Julius III. H I555J und
Paul IV. CI559J. Erst unter Pius IV., am 19. Febr. 1563, starb der fast 88jähs
rige Meister. Seine Leiche wurde heimlich nach Florenz gebracht und in
der Kirche S. Croce beigefetzt.
Zj;Oel;;3; Als Maler hat Michelangelo weitaus das beste und meifte auf dem Gebiete
AgH;jYsä;. der monumentalen Wandmalerei geleistet. Die erste grosse Aufgabe der
Art wurde ihm I5o4 in Florenz gestellt. Die beiden Hauptwänd.e des grofsen
dSeJI;sjF;F;H; Rathfaales follten mit Darstel1ungen aus der Kriegsgefchichte der Arnos
bs3CssCEsss stadt gefchmüclct werden. Die Ausführung des einen Gemäldes war Leonardo
da Vinci überlaffen worden Toben S. 558J; diejenige des anderen wurde Michels
angelo übertragen. Er vollendete den Karton im Jahre 15o5. Seine Bei