Malerei
ita1ienifc11en
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von neuem in,s helljte Licht getreten und durch treffliche Nachdichtungen
auch den Deutfchen zum Bewufstfein gekommen. II
Hier intereff1rt uns vor allen Dingen Michelangelo7s Stellung zur Malerei.NHf3kF,kZFJJ0
Es mag daher gleich hier hervorgehoben werden, dafs er, obgleich er V0t1 der
Malerei ausgegangen war und, wie wir fehen werden, feinen erften Unterricht
in der VVerkPcatt eines Meifters empfangen hatte, der ausfchliefslich Maler war,
f1ch dennoch während feiner feurigfien Jting1ingszeit und feines bePcen Manness
alters durchaus als Bildhauer fühlte. In jener akademifchen Streitfrage, welche
Kunst höher flehe, die Bildhauerei oder die Malerei, hatte er anfangs ebenfo
entfchieden Partei für die erstere, wie Leonardo für die letztere genommen.
Als Julius II. ihn zwang, Zu malen, war er aufser f1ch; er wiederholte stets, er
fei kein Maler; er fchlofs ein sonett mit den VVorten:
:iDafs ich an meinem Platz nicht, fage frei,
sag aller lsVelt, clafs ich kein Maler fei;cs
und gerade während er fein Hauptwerk in Rom malte, unterzeicl1nete er fafl
alle feine Briefe in die Heimat mit 0fientation: vMichelangiolo Scultore in
Romas. Später fah er freilich ein, dafs die ganze Frageftellung eine verkehrte
fei, und jede der beiden Künfte ihre eigenen Vorzüge habe;2J und wenn er
auch noch in diefer fpäteren Zeit zum Pinfel nach wie vor fafi immer nur
gezwungen, zum Meifsel auch Zur Erholung griff, f0 müffen wir, wenn wir
feine gefammten Kunftleifiungen überblicken, doch fagen, dafs er gerade nur
auf dem Gebiete der Malerei feine grofsartigf3cen Schöpfungen auch wirklich
vollendet hinterlaffen hat und dafs er uns gerade in feinen Gemälden am
reinften und herrlichsten entgegentritt. Nur müffen wir freilich fofort hinzus keZsJ;Js.
fügen, dafs alle Gemälde Michelange1o7s mehr nach plaPcifchen, als nach mai m3Hd9s
lerifchen Stilgefetzen gefchaffen find. Eine Durchbildung des Raumes und
des Hintergrundes lag ihm ebenfo fern, wie eine Ausführung des Beiwerks
im Vordergrunde; in der Herstellung eines kolorifiifchen Zufammenhanges
verfuhr er äufserft mafsv01l, die Betonung atmofphärifcher Stimmungen vers
fchmähte er. Auch in feinen Gemälden wirken lediglich die menfchlichen
Formen und ihre Bewegungen; auch in ihnen kommt feine Subjektivität daher
in ihrer ganzen Schärfe zur Geltung, und auch in ihnen tritt feine hervors
ragend plaPcifche Anlage unverhüllt zu Tage.
JIJicJzZZzz7zgkZo BzM2xz77OZ2i wurde am 6. März I475 C1474 nach altflorentiner
ZeitrechnungJ in dem toskanifchen Städtchen Caprefe geboren. Sein Vater, Lebens
Ludovic0 di Le0nard0 Buonarroti Simoni, der Sprofs einer alten florentinifcl1en
Familie, kehrte bald nach der Geburt des Sohnes nach Florenz zurück. Hier
wuchs Michelangelo auf, hier erhielt er feine Schulbildung, hier befuchte er feit
dem I. April 1488 die VVerkftatt des berühmten Hift0rienmalers Dom. Ghirs
landajo Toben S. I92J, hier wurde er, nachdem die Antikenfammlung im
Garten von san Marco ihn für die Bildnerei entflammt hatte, feit 1489 durch
Bertold0, einen Schüler Donatellols, in diefer Kuni7c unterrichtet. Lorenzo
II CEJs CU4JZYs. LE Time di Michelangelo, etc. Florenz 1863. Deutfcl1 von E. J1fx27sUss Hannos
ver 1868; von lJxmF C7A.v5e7;gsse7s, Breme11 l872O von Fx2zJlzie JJc7JmrZe7Je2s Cnebft ital Text, Lej
7 , JZ1k7
1875. Dazu: Michel Ange1o als Dichter. von Dr. UT Zeiss, Stuttgart 1861. I d
2J C. JlJ77mIe.sf: Le letters: etc., Florenz I875, P. 522.
Gefchjchte Cl. Malerei. H. 37