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Viertes Buch.
zthei1ung.
die HellclunkelsModellirung von den tiefsten Tiefen der fchwarzen bis Zu den
hellften Lichtern der weissen Kreide durchgeführt.
Dei ic2kk0x. Noch grösseres Aufsehen, als dieses, erregte bei feiner Vollendung im Jahre
sFz7,,zS,TxklTZi1zF 1505 Leonardo7s Karton der Schlacht bei Anghiari, jener Schlacht, welche die
Florentiner im Jahre I440 über die Mailänder gewonnen hatten. Bcnvenut0
Cellini sagt, er sei, wie der berühmte, gleichzeitig von Michelangelo gezeichs
nete und gleichzeitig in Florenz ausgeste1lte Karton der badcnden Soldaten,
eine Schule der VVelt gewesen. Es war der Karton zu dem Wandgemälde,
welches Leonardo im Auftrage des Rathes von Florenz für den Rathssaal des
Palazz0 Vecchio zu malen hatte. Leonardo begann auch die Ausführung, doch
abermals experimentirte er mit dem Bindemittel;1J dieses Mal mit fo geringem
Erfolge, dass er selbst die angefangene Arbeit bald unwillig im Stiche liess.
Der Karten ist verloren gegangen. Wir kennen nur feine Mittelgruppe durch
den Stich Edelinck7s nach einer CRubens zugefchriebenenJ Zeichnung des L0uvre.
Diese Mittelgruppe stellt einen äufserft heftigen Reiterkampf um eine Stans
darte dar. Ueber zu Boden gesunlcenen Fufssoldaten, die noch grimmig weiters
streiten, tobt der Kampf zwischen vier Reitern, ein Kampf, der an wilder Leis
denschaft in der Bewegung und im Ausdruck kaum feines Gleichen hat. Das
ganze war die gewaltigfte und lebendigfte Komposition, die Leonardo ges
schaffen. Dafs wir uns nur eine so unvollständige Vorstellung von ihr machen
können, empfinden wir als fchmerzliche Lücke in unserer Kenntnifs des Meisters.
Bildnifse. Unter den Bildniffen, welche Leonardo um diefe Zeit in Florenz malte,
CEi;;:sira wurden zwei berühmt: dasjenige der Ginevra Benci 0scosa belliSsimacc fagt
M DieL,j VafarjJ und dasjenige der Mona Lifa, der Gattin des Franc. del Giocondo.2J
imOETi:vlT. Das erstere ist leider verloren gegangen, das letztere befindet sich unter dem
Namen vLa Jocondece CFig. 329J im I.ouvre zu Paris. Leonardo soll vier Jahre
an dem Bilde gearbeitet und es doch für unvollendet erklärt haben. In XVirks
lichkeit aber ist es das v0llendetste von allen erhaltenen Gemälden des Meisters,
wenngleich seine koloriftifchen Feinheiten bedeutend verloren haben. Auch
hier haben sich Leonardo7s technischen Experimente als unheilvoll erwiesen.
Alle warmen Fleifchtöne sind verflogen; der Kopf sieht fast grau in grau gemalt
aus. Die Mona Lifa sitzt auf einem Sessel vor einer Mauer, über die man in
eine vorn braune, im Mittelgrunde fonnig grüne, im Hintergrunde leuchtend
ferne, blaue Landschaft blickt. Ihre schöne rechte Hand ruht über der Linken
auf der Lehne. Ihr Haar fällt lang herab; ein Schleier bedeckt ihr Haupt. Ihre
Augen haben den feuchten Glanz, den die alten Griechen den Augen der
Aphrodite zuschrieben. Ihre Lippen lächeln füss und verführerifch. Den
de, grossen Ruhm des BildeS beweisen nicht weniger als acht erhaltene Kopien,
Mona Mai deren schönfte fich im Madrider Museum befindet.
Ein Bild, welches Leonardo I5I4 in Rom für Leo X. zu malen übers
iiommen, gelangte nicht über die ersten Vorbereitungen hinaus; das Mad0nnens
II Hier doch wohl mit Oel oder Firnifs. Ueber andere tec11nifche Versuche Le0nardo7s vers
gleiche man Archivi0 storico ital. XVl C1872J p. 226 mit II. C7sfJ2z7yz7J Ausfiihmngen in Hi1debrandt7s
IraIja 1 C1874J S. I40s155.
2J Nach Mi1anef17s Anonimo ja. a. O. p. 225J hätte Le0nardo auch diefen fe1blX gemalt, doch
kann das um fo eher eine Verwechslung fein, als der Än0nin1o das a11be1cannte Bild der Gattin
Francesco7s nicht nennt.