Die B1iithezeit der italienischen Malerei.
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sein.1J VVas endlich die Bilder betrifft, in denen man neuerdings zwar unbes
glaubigte, aber echte Jugendwerke Lc0nard07s hat erkennen wollen, so sind fast
alle diese Zueignungen für verfehlt zu halten. Die braune Untermalung eines De: den.
hl. Hieronymus in der vatikanischen Galerie zu Rom ist allerdings echt. Das
Problem der kühnen Verkürzung der knieenden Gestalt ist hier in einer Weise ÄJ1E;TiiZYe
gestellt und gelöst, die zwingend auf Leonardo hinweist. Dagegen entspricht Werkes
das hübsche Verkündigungsbild der UfsiZien sN0. 1288J2J der Jugendkrast des Dis v2kkn,,.
Meisters ebensowenig, wie das treffliche Porträt eines G0ldschmiedes im Palazzo diFFiiFss7r
Pitti CNo. 207J;3J ja, selbst in dem Freskogemälde des Klosters S. Onosri0 in Die wesen.
Rom, welches auf mosaicirtem Goldgrunde die Madonna mit ihrem nackten, den nY,d8IFPkiZu
anbetenclen Stifter segnenden Knäblein darstellt, ist es uns unmöglich, Leonardo7s M Rom.
Hand anzuerkennen.4J Unter den Handzeichnungen des Meisters iit dagegen H2nd2sicn.
auch Manches aus seiner Aorentiniscl1en Jugendepocl1e erhalten. Die Haupts LY0i1TgkTZss
Hatten, in denen Leonardo,s HandZeichnungen sich befinden, sind die Bibliothek in windr0k
der Königin von England im Schlosse XxVindfor sdrei BändeJ, die Louvressamms in
lung zu Paris, die Akademie zu Venedig, die ambros1anifche Bibliothek in cTmOYTk73Tiig
M.2i12nd, die UfH2ien in F10kenz, das Bkitish Mnrenkn in London nnd
Albertina in VVien. Doch ist die wissenschaftliche sichtung des Echten vom lH,m1JI,IZ;,,,
Unechten unter diesem reichen Material noch keineswegs vollständig
führt. Die Technik dieser Handzeichnungen ist eine mannichfaltige. Besons cfY,1sF;HWs
ders bevorzugt der Meister ein grün grundirtes Papier, auf dem er mit Kreide TeCWks
zeichnet und die Lichter weiss erhöht; aber auch des Rothstifts und der Feder
bediente er sich mit Vorliebe und manchmal führte er leicht in Bister oder
Sepia aus; seltener sind silberstiftzeichnungen seiner Hand, am seltensten 0els IhtI1i11s1t.
s kiZzen aus Leinwand. Uebrigens sind Studienköpfe zahlreicher vertreten als Koms
pofitionen; und ihnen reihen sich auch die vielbesprochenen Karikaturen an,UJ in Lsnn2kdnss
denen die grillenhafte Ader des Meisters sich aussprach. Angenehmer und
überzeugender jedoch, als in diesen Ausgeburten seiner Phantasie, tritt die
VVahrhaftigkeit seiner Beobachtung und die Macht seiner Charakteristik uns
in seinen wirklich nach der Natur gezeichneten männlichen und weiblichen
studienköpfen entgegen. Dieser frühen Zeit Leonardo7s müssen z.. B. ein
1J W. Lübke, Gefcl1. der ital. Mal. lI, S. 38..
2J LiöM.e hat die Urheberfcl1aft Le0narcloIs in Zal1n7s Jahrbiichern I1I CI870I, S. 70g72 gewandt
verlheidigt. Das Bild ift nach Cr0we und Cavalcafelle CHist0ry 1lI, p. 522J, wie Dach Lgkm01jekT
CDie Werke ital. Meifier etc., Lpzg. 1880, S. 383J entfcl1ieclen ein Jugendwerk Rid0lfo GhirlandajoIs.
3J Auch in diefem Bilde hat Lermolieff la. a. O. S. 383s384I die Hand Ridolf0 GhirlandajoIs
erkannt.
4J Diefe Attribu1ion hat f1ch in ungerechtfertigter lVeife, fo allgemein anerkannt f1e ist, aus der
Zeit heriibergerettet, in welcher man auch die Mad0nna im Pal. Borghefe Le0nardo 2nfchrieb. Leos
narclo da Vinci hätte höchstens in feiner ganz frühen Zeit feinem Mitfchüler L0renzo di Credi fo
ähnlich zeichnen können, dass er aber fchon damals anders gezeichnet und gemalt hat, zeigt jener
Engel in Verr0cehio7s Bilde. Auch ist Leonardo in fo früher Zeit nicht in Rom gewefen.
Z; J7aJzJ2 CJzcm2äe2sZczf22.s Imitation of original drawings by Le0nardo da Vinci, London t796.
Neuerclings find fafk alle angeblichen nnd echten Zeichnungen Le0nardois ph0tographifc:h vervielfä1tigt
worden, Diejenigen der Windforssammlt.1ng hat die Gr0sven0r Gallery herausgegeben. Die übrigen
hat Ad. Braun in Dornach publicirt.
6J schon 8Venzel H0l1ar CAntwerpen l645l, J. Sandrart CRegensburg I645J und Graf Caylus
CPariS I730J gaben in Kupfer geftocl1ene Sammlungen von Le0nardo7s Karikature11 heraus.
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