Volltext: Die Malerei der Renaissance (Bd. 2)

Malerei. 
ita1ie11ifchen 
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feines Lebens gewefen, leider aber unwiederbringlich verloren ist. II Und trotzs 
alledem brauchten nicht einmal Gemälde des Meisters erhalten zu fein, um 
uns zu beweifen, dafs er die Malerei als feinen eigentlichen Lebensberuf ans gis.  
fah. Bei feinem Lehrer Andrea Verrocchio hat er freilich ebenfowoh1 die Bilds  
hauerei als die Malerei gelernt; aber wir hören aus feinerLehrzeit doch gerade nur  
von feinem Antheil an einem Gemälde Andrea7s; wir hören aus feiner Meifiers 
Zeit, abgefehen von G. Fr. RuPcici, dem Bildhauer, der fein Hauptwerk in 
Florenz unter Le0nardo7s Leitung gefchaffen, doch nur von Malern, die feine 
Schule bilden; und wir hören von fehr viel mehr Gemälden, als plaftifchen 
VVerken, die er gefchaffen. Endlich lteht im Mittelpunkte aller feiner fchrifts 
Pcellerifchen Arbeiten fein beruhmtes, aber noch lange nicht genug beherzigtes 
Lehrbuch von der Malerei, fein Trattato della pittura;2J und gleich im ersten seiaTk9:k.ik0 
Buche diefes grofsen VVerkes nimmt Leonard0 mit Leidenfchaft für die Mas denapmMi 
1erei gegen die Bildhauerkunft Partei. Er bezeichnet die Malerei als die höchfie 
aller KiinPce und zugleich als eine VViffenfchaft; und mit ihren wiffenfchafts 
lichen Grundlagen befchäftigt er f1ch im ferneren Vcrlaufe des Werkes. Aber 
er ftellt keine abftrakten Regeln auf, er philofophirt nicht inls Blaue hinein, 
fondern er geht überall von empirifch gefundenen und daher ewig giiltigen 
Naturgefetzen aus. Beim Lefen diefer Technik und Aeiihetik der Malerei auf 
naturwiffenfcl1aftlicher Grundlage wird es uns klar, dafs alle anatomifchen, 
optjfchen und mechanifchen Studien des Meifters, fowie alle feine Naturbeobs 
achtungen in erPcer Linie der Theorie der Malerei galten; und diefe Theorie 
iPc keine ::graue Theorien, fondern f1e fpricht f1ch kurz und klar in kernigen 
praktifchen Regeln aus. Hier erPc find die Gefetze der Luft und Liniens 
perfpektive, an denen man bereits ein Jahrhundert gearbeitet hatte, hier erst 
find die Principien der Lichts und Schattenwirkung, hier erfi find die Regeln 
der Natürlichkeit und Harmonie der Farben vollständig verstanden, zufammens 
gefafst und nutzbar gemacht; und von höchfter Bedeutung war es, dafs Leos 
nardo im Zeitalter der Wiedergeburt des klaff1fcl1en A1terthumes nicht etwa 
auf eine Nachahmung der Antike Cdurch welche, wie durch jede Nachs 
ahmung, nach Leonardols eigenen Worten, nur Enkel, keine Söhne der Natur 3J 
erzeugt werdenJ, fondern ftets auf die Natur und die felbi7cändige Beobachtung 
verwies.  
Leonard07s eigene Gemälde entfprechen feinen Vorfchriften. Vor allen  
Dingen erreichte er durch feine Behandlung der Luft, des Lichtes und der malEIZsFhe7 
Farben eine VVeichheit und VVahrheit der körperlichen Modellirung und eine 
Natürlichkeit des dargeftellten Raumes, wie f1e vor ihm noch nie erreicht 
worden waren. Die Modellirung mit Licht und Schatten CHelldunke1, Clairs 
ji Durch die Verwerthung der zu Winds0r befindlichen Handzeichnungen Leonardo7s M: die 
Denkmalsfrage in eine andere Phase getreten. Man sehe vor allen Dingen P. JPfxJJ.ic79.5 Erörterungen 
a. a. 0. XV, S. 2Io.2i6. 
2J Ueber die Handschriften und Ausgaben dieses Werkes J1Ia.r 7omQm: Das Ma1erbuch des 
Leonarclo da Vinci, Leipzig 1873.  Die erste vollständig korrekte Ausgabe des Textes nach der vas 
tikanischen Handschrift, nebst deutscher Uebersetzung, hat E. lL2ssZ2w;gs besorgt. sie erscheint in Bilds 
 Quel1enschristen. Vgl. Janjtschek7s Repertorium IV C1881J, S. 28os292.  Dazu jedoch 
J. P. JkicJzig7s.s Lionardo7s Lehrbuch von der Malerei in Liitzow7s Zeitschrift, XVII, S. l1s20. 
3J Trattat0 Ced. Manzi, Roma 1817J p. 69: pdico a1li pitt0ri ehe mai nessuno dee in1itare la 
maniera d7un altro, perche Sarä detto nipote e non iiglio della naturacc.
	        
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