Volltext: Die Malerei der Renaissance (Bd. 2)

11iederliindifc11e 
Malerei 
Jahrhunderts. 
strenger, ja grossartiger Lebenswahrheit. Bei geöffneten Flügeln erblickt man 
das Jüngste Gericht. Oben in der Mitte Christus auf dem Regenbogen, feits 
wärts Engel mit Marterwerkzeugen, etwas tiefer Maria und Johannes der Täus 
fer, beide knieend, und weiterhin f1tzende Gruppen von Aposteln und Heiligen. 
Die untere Hälfte der Mitteltafel nimmt der Seelen wägende Erzengel Michael 
ein; beiderseits in der Landfchaft auferstehende Todte; auf den zwei äufsers 
sten Tafeln die Pforte des Paradieses, zu welcher die Seligen hinziehen, und 
der Höllenschlund, in dessen Flammen die Verdammten wirbeln. Ueber den 
oberen Gestalten ist der Grund golden. Das Werk imponirt durch strenge, 
ftilvolle Durchführung, durch die edle Mässigung in der Compof1tion, die in 
ihren Grundzügen einfach und von Ueberladungen frei ist, durch die gediegene 
Farbenpracl1t, die in dem rothen, goldgestickten Mantel und den Pfauenfeders 
ilügeln des Erzengels gipfelt. Schwungvollere Motive fehlen allerdings, aber 
die Zeichnung ist von grösster Präcif1on1J. 
Von einem Triptycl1on, das Rogier auf feiner Reife nach Italien für Le0svHkrch011cscs 
nello von Este gemalt, berichten Facius und schon vor ihm der IieisendekizF41FYkTsiTIZ, 
Cyriacus von Ancona, der es am 8. Juli 1449 zu Ferrara gesehen 2J. Es ents 
hielt auf den Flügeln Adam und Eva fowie den Stifter im Gebet, auf dem 
Mittelbilde die Beweinung Christi in schöner Landfchaft. Das Werk ist vers 
fchollen; nur vermuthungsweise haben Crowe und Cavalcaselle gemeint, dass 
die ehemalige Mitteltafel mit der fcl1önen Beweinung in den Uff1zien zu Flos r1;2kz:s2, 
renz identisch fein könne. Facius hatte von Rogier Paff1onsbilder auf LeinsUMmni 
wand bei König Alphons von Neapel gesehen. Eine Grablegung in Tempera 
auf Leinwand in der Nati0nal Gallery zu London könnte vielleicht zu dieser L0k3dk2k2, 
Serie gehört haben. Auf der Reife ist dann das kleine Madonnenbild aus1FZiiTJ,i 
Goldgrund im Städel7fchen Institute zu Frankfurt entstanden, ein befondersFk2nkkukk 
empHndungsvolles, zartes Werk. Zu den Seiten der unter einem Baldachin TM. 
stehenden Jungfrau mit dem Kinde erfcheinen Petrus und Johannes fowie Coss 
rnas und Damianus, die Patrone der Familie Medici, und an der Umrahrnung 
ist das Lilienwappen von Florenz angebracht, so dass es für das Haus Mes 
dici geschaffen fein mag. 
Irgend einen Eindruck Italiens, der Kunst wie der Landfchaft, merkt man 
in späteren Bildern Rogier7s nicht. Südliche Vegetation in den Hintergründen 
anzubringen, wie Jan van Eyck nach der Rückkehr von Portugal, hat er nicht 
versucht; künstlerifch bleibt er völlig im bisherigen Gleise. Der späteren Zeit 
gehört wahrscheinlich der Altar der Kirche zu Middelburg in Zeeland an, von A1c.2k aus 
Bladolin, dem Gründer diefer Stadt, der sich vom einfachen Bürger zum SchatZs Mid1Z1Iiiii.igi 
meilter Philipps des Guten aufgeschwungen hatte, gestiftet, jetzt im Mufeum zu 
Berlin. Auf dem Mittelbilde knieen Maria, weifs gekleidet, in mädchens 
hafter Demuth, und Jofeph, der eine Kerze mit der Hand schützt, vor dem 
neugeborenen Kinde, und mit ihnen, in befcheidener Frömmigkeit, Blado1in, 
.in einfaches Schwarz gekleidet. Auf den Flügeln ist in sinniger Gegenübers 
II Das Ganze in Umriffen bei GszJzw und CzxwZxizJeZZe, eng1ifc11e Ausgabe. Die Mitteltafe1n 
FiiJjLeJs, Denkmale, X.  
2J CoZZzzrx77. Antic11itä PiDene, XV P. CXLIII.  cW7ue u. czZ7J:zZmJeZZe, deutfcl1 S. 4l I. 
Urkundliches über die Za111ungen, von Cxmzjswsi im Archive zu Fekrara ermittelt, ebenda S. 251.
	        
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