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Viertes Buch.
Abthei1ung.
Erster Abschnitt.
in Kalkar, Xanten und Wesel erhaltenen Bilder, in denen man VVerke einer
vKalkarer Schulecc sehen will, sind theils westfälischen, theils kölnischen
Urspriings;1J die Hand Jan Joest7s wenigstens zeigt sicher kein einziges der
ihm in diesen Gegenden sonst noch zugeschriebenen Bilder; und wenn
dieser Meister, wie wahrscheinlich, identisch ist mit dem seit I5o9 in Haarlem
ansässigen, dort verheiratheten und dort I5I9 verstorbenen gleichnamigen2J
Maler, so haben wir überhaupt eher einen H0lländer in ihm anzuerkennen.
Dann kann er aber auch nicht identisch fein mit dem nachweislich viel
länger thätigen bedeutenden Kölner Maler, der nach zwei denselben Gegens
stand behandelnden Hauptwerken als JlJc22JZxs2X der Todes J1Jxz7sixze bezeichnet
zu werden pflegt; dann haben wir in diesem Meister, dessen frühe Bilder
bei deutlichen Verschiedenheiten doch deutlich genug an das grosse Kalkarer
VVerk anktipfen, nur einen Schüler Jan J0est7s zu erkennen 3J. Weiter können
1Idee;HIF;J:s wir in der That nicht gehen. Dieser JlIeJZe7E zZc2F 722xZxsF LXlsJzM2rcss nun war ein
Maus. ausserordentlich fruchtbarer Bildnisss und Kirchenmaler der ersten Hälfte
sFYa;fäJd des I6. Jahrhunderts. Seine Anlehnung an Joest zeigt besonders das im Köls
in Köln. ner Museum befindliche, auf dem Rahmen nicht ganz unzweifelhaft mit 1515
bezeichnete, sicher aber dieser Zeit angehörige4J Bild des Todes Mariae
CFig. 305J, sowohl wenn man die Hauptkomposition, deren genrehafte Nebens
motive und breitköpsige Idealtypen, mit derselben Kalkarer Darstellung, als
auch wenn man dieFlügelbilder, welche die Stifter und Stisterinnnen. Angehörige
der Familie Hackeney, vor ihren Schutzheiligen in schöner Landschaft knieend
zeigen, mit einigen Scenen der Kalkarer Flügel vergleicht; und dem ents
sein srpd sprechend zeigt das grössere Gemälde der Münchener Pinakothek, dessen Mittels
in iliIisZi:eH. bild den Tod Mariae von einer anderen Seite, nämlich vom Fussende des Bettes,
anstatt im ProHl, darstellt, während die Flügel, abgesehen von der Landschaft,
genau mit dem Kölner Bilde übereinstimmen, dieselbe Herkunft; besonders
deutlich ist diese Cnach ScheiblerJ auch an den Scenen aus dem Leben Christi
aus den DoppelHi.igeln eines Schnitzaltars der Reinoldskapelle in der Mariens
GZi;i;13;iv kirche zu Danzig erkennbar, welche nachweisslich I5I6 gemalt ist. Eine ges
wisse niederländische Gemüthlichkeit, Ruhe und Häuslichkeit verbindet sich in
diesen Bildern mit deutlichen Renaissanceanklängen in der Architektur, wie in
s2i:2s;kliihsk den Gestalten. Die Bewegungen sind oft noch etwas eckig, das Kolorit ist
heiter ohne besondere Wärme bei entschiedener Vorliebe sur ein intensives,
bläuliches Roth und röthliche Fleischtöne, die Pinselsiihrung ist sorgfältig,
aber durchaus nicht spitz und geleckt. Andere religiöse Bilder, welche dieser
1J Dazu vgl. man J. B. lVwse27mf im Organ für chrifll. Kunst 1868, XVIlI, S. 238 ff. u. 250 tT.
2J Die Kalkarer Urkunden fchreiben Ji1nJoefk, im Accufativ Jan JoeSten; die Haarlemer Urkunden
fchreiben in der Regel Jan Jooüen, einmal jedoch auch Jan Joestz. Ueber die Haarlemer Urkunden:
.4. O. des Z7iZZizsm, Les ar1istes de Haarlem L1870J p, 54. C. ZsJrZ. 7kz:cJ7Z, Eigen Haard, I877,
No. I7s18; P. 130ss13I u. I43 ff.
3l Die Identität der beiden Meister wurde von O. E2Jeimzx2Jm zuerlX in der Augsb. A1lg. Ztg. vom
28. 0kt. 1874 CVgl. Kunftcl1ronik der Lij.tzow7fchen Zeitfehrift X. CI874J, s. 74s75J behauptet. In
Folge deffen lind in einigen bedeutenden Galerien die Bilder des Meilkers des Todes Mariae bereits
Jan J0elk getauft worden. Nach wiederholtem vergleichenden Studium der Originale muss ich die
Scl1nlverwandtfchaft zwar anerkennen; schon die stilkritik lässt die Identificirung jedoch allzu ges
wagt erscheinen.
4J J. J. JlJesZ;7, Die Familie lsIackeney, S. 68.