Die deutfc11e Malerei der erA:e11 Hälfte des
16. Jahrhunderts.
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fem berühmten Werke an fremde Vorbilder, die fchon in den älteren Lyoner
Bibelausgaben wiederzukehren pHegten; ja, feine Reproduktionen lehnen lich
hier und da mechanifch an die älteren Bilder an;1J aber einiges liefs er fort,
anderes fchuf er neu, vieles gefraltete er frei in feinem Sinne um. Das
Ganze bleibt doch ein VVerk feiner Hand. Die Bilder athmen die innigfte und
fchlichtefte Empfindung. Sie halten lich an die rein menfch1iche, epifche oder
novelliPcifche Seite des alten Tefiamentes. Sie erheben f1ch oft zur reinften
Schönheit. Der Meister führt fo wenig Perf0nen, wie möglich, und keine
miifsigen, in die Handlung ein; er bringt uns jede Scene fo lebendig und ans
fchaulich vor Augen, dafs wir sie uns anders gar nicht denken können. CFig.296.J
Berühmter noch wurde jedoch die zweite diefer Folgen, wurde Holbein7S
Luneigentlich fo genannterJ T0dtentanZ.2J In
verfchiedenen Ländern mit. Verfen in vers T
fc11iedenen 5prac11en CzuerPc in Lyon franZös
f1fchJ fchon früh verbreitet, faffen diefe
Todcsbilder CvLes simulacl1res et historiees ,,zs7EIsl
faces de la morta, is1magines mortis:cJ, die in
p0etifcher und malerifcher Ausführung fch0n
feit Jahrhunderten eingeburgerten Phantaiien J
des geängPceten Zeitalters über den einfachen
Satz vAlle Menfchen mLiffen Pcerbencc noch
einmal in endgültiger VVeife zufammen. Was X,Li,YL XII il,
die älteren gemalten vTodtentänzecc Toben H
S. I28ssI29J in epifchemFluffe erzählt hatten, s.kITIlis,X
dichtete H0lbein in ein Drama von zahls Hi
reichen packenden Einzelfcenen um. So
drafiifch, wie er das unerwartete Zugreifen
des Todes in jedem einzelnen Falle vorführt, ssssN
hatte vor ihm nur Hans Burckmair in jenem Fig. 297. H. Ho1bein d. j.:
B1akte Von 1510 Toben s, 450J einen ähn. Der Tod und der Krämer. Holzfchnitt.
lichen Augenblick veranfchaulicht. Die Ers
innerung an diefes Blatt, deffen Erfcheinen der dreizehnjährige Knabe in
Augsburg erlebt, mufs ihn nicht verlaffen haben, bis er feine grofsartigen
Variationen zu dem ergreifenden Thema fchuf. Aber auch die in der
Schweiz gemalten Todtentänze gaben ihm Anregung genug.3J Der Tod packt
Der
sTodtens
tanztk.
II F. 17zJgkIZiJz Ha. a. O. S. 312s330J hat nachgewiesen, dass sie, obwohl sie gleichzeitig in einer
Sonclerausgabe erschienen, doch ursprünglich.ebenfalls für eine BibelausgalJe Idie Lyoner VulgataJ bei
sIim1ntwaren. Nach Vögelinis Entdeckungen wird es immer klarer, dass H0lbein derartige Zeichs
nungen nur als Lüclcenbiis5er ansah, die il1n beschäftigen, wenn ihm keine Gemälcle bestellt wurden.
2J Es. lLi;9zI72xmm, 1oDer T0dtentanz von Hans H0lbeincr. Lichtdrncke nach der ersten Ausgabe.
Berlin 1879.
3I s. I7äFgZi;z 01Die VVandgemälde im bischös1. Palast zu Chur.c Publikation der antiquar. Ges. zu
Ziiricl1 1878J hat seine Ansicht, die T0dtentanzbilder im bischösiichen Palaste zu Chnk nnd nicht die
Hol2fchnitte zeigten H0lbeinls 0riginallc0nceptionen, ja, Holbein habe einige der Chnrer VVandbilder
eigenhändig ausgeführt, eingehend und geschickt vertl1eidigt. Allein El. 1XlZoZZ72:zz7m Oci111skchr0nik XlII.
1878I S. 281isss28s n. S. 299s302J hat diese Ansicht widerlegt. Die Churer Wandgemälde bleiben
Uns sehr interessante, vielfach veränderte, ihres reformatorischsfatiriscl1en Stachels entkleidete Nachbils
klungen der Holbein7schen Zeichnnngen seitens eines Schweizer Malers.