Volltext: Die Malerei der Renaissance (Bd. 2)

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Buch. 
VierteS 
Abthei1ung. 
Erster Abschnitt. 
renaiffance. Dürer, dem in Nürnberg kaum jemals monumentale Aufgaben gestellt 
wurden, zieht f1ch in die engumgrenzte Welt des Kupferstiches zurück, um sie 
durch feinen Genius zum Univerfum zu erweitern; H0lbein, deffen dekorativer 
Sinn früh durch die Augsburger Faffadenmalerei Nahrung fand, durfte eine 
Reihe grofser Wandgemälde fchaffen und entwickelte f0 fein monumentales 
Gefühl. Für den H0lzfchnitt haben beide Meifter gezeichnet, fch0n aus praki 
tifchen Gründen; die Buchdrucker würden es weder dem einen noch dem andern 
erlaffen haben. Religiöfe Tafelgemälde und Bildniffe haben beide gemalt. Sein 
Eigenstes aber gab Dürer als Kupferftecher, und Ho1bein, der nicht in Kupfer 
gestochen hat, gab in feinen Wandgemälden sicher ein gutes Stück feiner 
felbst. Alle Leistungen beider Meister spiegeln diefen Grundunterfchied deuts 
lich wieder. so erfreulich es uns aber ist, jede der beiden Arten öffentlicher 
Kunft in jener Blüthezeit deutfcher Malerei durch einen Hauptmeister vertreten 
zu fehen, fo tief müffen wir es beklagen, dafs von H0lbein7s Wandgemälden 
kein einziges dem Zerstörungswerke der Zeit widerstanden hat. Heute tritt uns 
fein hist0rifches Kompof1tionstalent hauptfächlich in feinen Zeichnungen ents 
gegen; als Maler lebt er, aus zufälligen Gründen, in erster Linie durch feine 
Bildniffe in unferem Bewufstfein; und als Porträtist übertraf er Dürer allerdings, 
wenn nicht an Wahrheit der Auffaffung, f0 doch an Grofsartigkeit und Preis 
heit der malerifchen Behandlung. 
Wir wollen Holbein,s Hauptwerke im Anfchlufs an die Entwicklungsphafen 
feines Lebens kennen lernen. 
H. Hsxhsik1 Hans Holbein d. j. ist I4971J in Augsburg geboren und hat sich ohne 
j,,d1zLke1, Zweifel unter dem Einflufs feines Vaters und Hans Burckmair,s zum Künstler 
entwickelt. Erst in Bafel 2J aber können wir feine Thätigkeit als folche vers 
EF:2 rkiihss folgen. Die Sammlung diefer Stadt bef1tzt feit kurzem ein leider verdorbenes 
GENUS. Madonnenbild feiner Hand, welches die Jahreszahl I5l4 zeigt.3J Im Jahre 
 in feinem achtzehnten Lebensjahre, zeichnete er hier einen Buchtitel 
Di;ziikich2k ganz im Geiste der Renaiffance, bemalte er eine Tifchplatte, die auf der 
T1MpWei Stadtbibli0thek in Zürich erst I87I wieder aufgefunden wurde, 4J im köstlichs 
ften Humor mit Darstellungen volksthümlicher schwanke und verfah er ein 
Exemplar des berühmten, im vorhergehenden Jahre bei Proben erfchienenen 
 :sLobeS der Narrheitcc des grofsen Erasmus von R0tterdam mit Randzeichs 
 nungen, die in ihrer verständnifsvollen Hingabe an den Text, ihrer beifsens 
den Satire, ihrer sicheren Leichtigkeit den jungen Meister bereits in freier 
Bethätigung feines Genius zeigen. Das kostbare Buch ist Eigenthum des 
II Die Erforschung des richtigen Geburtsjahres lsI0lbein7s ging mit der A11fdeclcung der Augsburger 
F älschungen Hand in Hand. Nicht vergessen werden darf das Verdienst der folgenden Schriften und 
Aufsät2e um die Aufklärung der Frage: J17ey72ixm Gyiy2m: :dHolbein7s Geburtsja11rc, Berlin 1867.  
M Fxä2;zfkii: vEin paar Worte über die Holbeinsrageec in Zz:JzyzI.c Jahrbiichern III. s187OJ, S. 207s 
z19.  Es. JJ:I5sfJm.rZeJsJ Bericht in derselben Zeitschrift IV. sl871I, s. 220 f. 
2J Die archivalischen Forschungen über Holbein in Basel hat Les. J1sf.ksfJm.vZey gemacht und in 
Zczlm7.v Jahrbücl1ern III. Ct870J, S. 113ss173 veröffentlicht. 
3I Erz EiF, Allg. deutsche Bi0graphie XII s1880J, S. 715. 
4J F. 1ZiigMpi7.v Bericht in der Frankfurter Zeitung 1871, Feuilleton von No. 236, 237 u. 244. 
 GoZ2J7s. lc7mkcZ, vM0sailc zur Kunskgeschichtec, Berlin l876, S. 402 ff.  Mit Text von S. Vögelin 
pub1icirt von der Gesellschaft für vervie1sai1tigende Kunst in Wien.
	        
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