394
Viertes Buch.
Abthei1ung.
ErlIer Abschnitt.
und das Marienleben C20 BlätterJ. so vereinigt gab Dürer sie im Jahre I5II
heraus; ja, die beiden zuletzt genannten erschienen in dieser Vereinigung übers
haupt zum ersten Male vollständig. Die Ap0kalypse war, mit Ausnahme des
Titelblattes, in erster Anklage schon I498 erschienen.
1.Die Die isApoli:alypseu besteht aus einer Reihe von Illustrationen zur 0ffens
Ap0kaWreibart1ng J0hannis. Bald nach Dürer7s Heimkehr von der ersten VVanderschast in
Angriss genommen, war diese Holzschnittfolge das erste grosse VVerk, durch
welches Dürer aller Augen auf sich zog. Voll bibelfester Gläubigkcit, aber zus
gleich voll reformatorischer schneidigkeit, ein Vorläufer von Luther7s Uebers
setzung, spiegelt es die Gesinnung der besten deutschen Männer jener Tage
wieder. Es ist erstaunlich, wie Dürer hier das scheinbar Gestaltlose in fester,
klarer Gestalt auszuprägen verstanden, wie seine Zeichenfeder dem flüchtigen
WVorte in die vis1onärsten VVundersernen zu folgen vermocht und wie er das
Ueberirdische durch packende realistische Züge und kühne, geistvolle WVens
dringen in die engste Beziehung zu seinem Volke und zu seiner Zeit gesetzt hat.
Dass die Formengebung im Einzelnen noch spröde ist, übers1el1t selbst der
heutige Beschauer. Am gewaltigsten ist das vierte Blatt, welches die vier apos
kalyptischen Reiter darstellt, wie sie unwiderstehlich in der Wucht der Bei
wegung, Tod und Schrecken verbreitend über die Menschheit dahinsausen, um
deren vierten Theil zu erwürgen CFig. 252J. Von grossartig einheitlichem Zuge in
der Zusammenfassung des Verschiedenartigen ist das sechste Blatt, welches die vier
Engel, welche die Winde halten, unc1 die Versiegelung der 144000 Heiligen
sKap. 7J, darstellt. Die Loslassung der vier Engel Vom Euphrat, welche auss
fliegen, um ihres Würgeramts an einem Drittel der Menschheit zu walten
sKap. 9J ist aus dem achten Blatte nicht minder hinreissend grossartig darges
stellt, wie jener Ritt der Schreckensreiter. Und wie organisch polypenhaft trägt
der Meerdrachen des zwölften Blattes seine sieben langen Hälsel Und selbst
der Engel des zehnten Blattes, der Engel, :sder war mit einer Wolke bekleidet,
und ein Regenbogesn auf seinem Haupt, und sein Antlitz wie die Sonne und
seine Füsse wie die Feuerpfeilercc sKap. IOJ: so naiv Dürer seine Beschreis
bung wörtlich nachgeZeicl1net hat er steht so leibhaftig vor uns, dass wir
an ihn glauben könnten, so anschaulich und majestätiscl1, wie kein zweiter ihn
erfunden hätte. Es war allen späteren Darstellern der Apokalypse unmöglich,
2s1ZEF,FxZsscüch von Dürer7s Vorbildern loszusagen. Von Dürer7s vGrosser Passions:
sind die ersten sieben Blätter, wie Thaus1ng überzeugend nachgewiesen hat,
schon um 150o entstanden, die letzten vier und der Titel mit der ergreisenden
Versp0ttung Christi sind erst I5I0 vor der Veröffentlichung des Jahres I5I1
hinzugefügt. In der That ist der Unterschied in der Formengabe zwischen
diesen und jenen Blättern ein ausSerordentlich frappanter. Die ersten, vor der
zweiten italienischen Reife des Meisters entstandenen Blätter erscheinen, so
gewaltig sie auch sind, so herrlich in Komposition und Ausdruck namentlich die
Kreuztragung des vierten Blattes erscheint, doch vielfach hart und häss1ich in den
Einzelformens Die letzten, nach Dürer,s italienischer Reise entstandenen Blätter
beweisen in ihrer weicheren, südlicheren Darstellung der Formen man sehe
nur den Christus der Vorhölle, man vergleiche nur die Haarbehandlung hier
und dorti deutlich, dass man Unrecht thut, wenn man sich bemüht, den itas
lienischen Einfluss aus Dürer, so viel wie möglich, in Abrede zu stellen, Das