Malerei
deutfc;11e
Hälfte
16. Jahrhunderts.
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Untergewand des IsIeic1ens
apofkels iPc kaum sichtbar.
Der rief1ge weifse Mantel,
deffen Drapiru11g in ihrer
grandiofen WVahrheit und Eins
fachheit an die Antike erins
nert, umHiefst fafk die ganze
Geftalt. Das kahle Haupt mit
dem langen Barte und dem
Feuerauge ifk ganz Energie,
ganz Leben, ganz Ueberzeus
gung. Wir denken an Micheli
angelo7s Mofes. Hinter ihm
aber blickt der bleiche tiefs
f1nnige Krauskopf des Evans
geliPcen Markus hervor, deffen
vor innerer Erregung fkarres
Auge nur fcheinbar nach
aussen blickt. Eine a1teUebers
1ieferung fagt, Dürer habe
zugleich die :sVier Temperas
mentecc in diefen vier Köpfen
dar1Ie1len wollen. In der That
wiffen wir, dafs die Doktrin
von den vier Temperamenten,
welche ein Hauptkapitel der
jener Zeit bildete, auch Di.irer
beschäftigt hat; und wir sehen
es den vier Köpfen unferer
Bilder an, dafs der Meister
ein Problem in ihnen löfen
wollte. Gerade im Gegenfatze
zu der grofsen Einfachheit
der Gewandung wirken diefc
inhaltreichen Köpfe um fo
ergreifender. Jetzt erPc, am
Ende feines Lebens, fchien
Dürer das Räthfel gelöst Zu
haben, zugleich ganz fchlicht
und gr0fs und doch ganz ins
,dividuell und charaktervo1l,
zugleich mit höchster technis
fcher Vollendung und doch
vom tiefften Gedankeninha1t
durchgeifiigt zu fchaffen; und
der Zug grubelnder ReAexion,