deulfche Malerei der ersten
Die
Hälfte des
16. Jahrhunderts.
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Gottvater im päpftlichen 0rnate schwebt oben in der Mitte und hält mit ausges
breiteten Armen das Kreuz, an dem der Erlöfer hängt. Ueber feinem Haupte
schwebt die Taube des heiligen Geistes. Die Seligen umziehen in verschies
denen Kreifen diefe heilige Dreifaltigkeit: ganz oben geflügelte Engelköpfchen,
dann ein reicher Kranz halbwüchf1ger, langbekleideter Engel; weiter nach unten
eine grofse Schar Auserwählten an deren Spitze links Maria, rechts Johannes
der Täufer in tiefster Andacht verehren; noch weiter nach unten und hier auch
vorn den Reigen fch1iefsend, die übrigen Seligen: links der geistliche Stand,
der Papst an feiner Spitze, rechts die der Seligkeit würdigen Laien, ständeweis
vertreten unter dem Vortritt des Kaisers. vSo spiegelte f1ch der christliche
Himmel in einer deutfchek1 Seelen: fagt Thauf1ng. Ganz unten aber, als weite,
offene Landfchaft gestaltet, fchimmert ein Stück der ErdoberHäche; und einsam
steht hier abermals. rechts die kleine Gestalt des Nürnberger Meisters mit feiner
Infchristtafel. Keins der grossen Gemälde Dürer7s ist so trefflich erhalten wie
dieses. WVir können daher nicht nur die reiche, harmonische Anordnung der
einzelnen Kreise, nicht nur die gedankenvolle und tiefempfundene Durchbildung
jeder einzelnen Gestalt, sondern auch die wunderbar zarte, helle, aus goldenem
Himmelslicht und frischen Erdensarben gewebte Gefammtstimmung des Bildes
bewundern.
Von den einsacheren Bildern dieser grossen Epoche der malerifchen Thätigs
keit Dürer7s ist die Madonna mit der Scl1wertli1ie in der ständifchen Galerie zu Fragt
Prag nur als Atelierbild anzusehen. Ebenbürtig aber reiht jenen figurenreichen
Meisterwerken f1eh noch ein kleines, l5l2 gemaltes Mad0nnenbild an, welches
zu den Perlen der Wiener Sammlung gehört und als isMadonna mit der aufs 1i122i9km2,
geschnittenen Birnecs gefeiert wird. Wien.
Dann folgte eine Reihe von Jahren, in denen Dürer, mit grossen Aufgaben
der vervielfältigenden Künste und mannichfachen anderen Problemen beschäftigt,
die Malerei vernachläfsigte, ja, auch wo er eigenhändig ausführte, oft hart, kalt
und leer wurde. Hierher gehört das Brustbild des Schmerzensmannes vom
Jahre I5I4 in der Bremer Kunsthalle; hierher die puppenhaft gemalte Madonna
der Galerie Capponi Ineuerdings in,s Berliner Museum übergegangenJ vom Jahre
I5I8. Doch find die I5I6 in Waffersarben auf Leinwand gemalten Köpfe der
Apostel Philippus und Jakobus in der Ufsiziengalerie zu Florenz sehr lebenss
volle Typen heiliger Männer in breiter und gediegener Durchführung.
Erst die niederländifche Reife gab auch feiner religiösen Malerei neue Ims v1sd0km2;
pulse. Die Madonna mit dem Apfel, deren Christkind eine Kornblume in der Florenz,
Linken hält, eine fast lebensgrofse Halbsigur auf schwarzem Grunde in den
UfHzien zu Florenz, I526 gemalt, ist freilich manierirt und kalt genug. Dafür
aber find die vier lebensgrofsen heiligen Männer, in der Regel umsichtig die
DV1Ck Apostels genannt, welche der Meister auf zwei hohen, fchmalen Tafeln Dis visk
gemalt hat, die grossartigste malerifche Leistung, die aus feinem Pinsel hervors vsiZ2oZiTkl.
gegangen ist. Von Diirer mit Bewusstsein als Vermächtnifs für feine Vaters
stadt gemalt und dem Rathe der Stadt Nürnberg geschenkt Cfreilich erhielt
Dürer ein Gegengeschenk von hundert GuldenJ, waren sie hundert Jahre lang
ein Stolz Nürnbergs, ein Hauptfchmuck des dortigen RathhauseS. Dann übers
liessen die Väter der verblühenden Reichsstadt sie dem kunstliebenden Kurs
fürsten Maximilian von Bayern. Heute gehören f1e zu den berühmten Stücken