der ersten Hälfte des
Jal1rhunc1erts.
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Das Zweite Meisterwerk, welches Dürer nach feiner Rückkehr von Venes MaE;F1rnJe1s
dig und zwar im Jahre 1508 schuf, ist die Marter der Zehntausend in
der kaiserlichen Ga1erie zu Wien. Zur einfachen Grösse der zuletzt besproches
nen Tafeln bildet dieses Gemälcle mit feinen zah1losen kleinen Gestalten, die in
einer grossen Landschast alle möglichen Martert0de erdulden, einen vollen,
aber keinen erquick1ichen Gegensatz. Ganz naiv stellt Dürer sich und feinen
Freund Pirkheimer wieder als unbetheiligte Zuschauer mit dem InschristsZettel
in die Mitte des Bildes. Höchst bewundernswerth aber ist auch hier der Ernst,
mit der jede Stellung, jede Verkürzung durchdacht und die Klarheit, mit der
das Gewimmel zu einer Komposition gestaltet.worden ist.
Dann folgte im Jahre I 509 der einstmals hochgefeierte, jetzt leider theils HeH1ZF,s.M
verbrannte, theils zerstückelte Hellerlsche Altar, dessen Mittelbild die Himmels
fahrt Mariae darstellte.IJ Der reiche Franlcfurter Tuchhändler Jakob Heller s.Ms
hatte das Bildlbeite1lt. Dürer schrieb ihm 2J: vsie ist mit den besten Farben
gemacht, die ich nur habe bekommen können. Sie ist mit gutem Ultramarin
unters, übers und ausgemalt, etwa fünf oder fechsmal, und da sie schon fertig
war, habe ich sie nachher noch zwiefach übermalt, auf dass sie lange Zeit
dauere.a Aber auch ohne Dürer7s Versicherung würden die zahlreichen Studien
zu den einzelnen Köpfen, Händen und Gewandpartien, welche in verschiedenen
Sammlungen erhalten sind, beweisen, dass er sich mit keinem seiner Gemälde
soviel Mühe gegeben, wie mit diesem. Das Triptychon schmückte die Domis
nikanerkirche in Frankfurt, bis Kurfürst Maximilian von Bayern das berühmte
Mittelbild käuslich erwarb und nach München entführte, wo es jedoch im Jahre
I674 ein Raub der Flammen wurde. Die Flügel aber blieben in Frankfurt;
und das Mittelbild wurde dort durch eine treffliche Kopie von Jobst Harrich 3J HaJrs;li7cskh,5
ersetzt. Diese Kopie, nach der allein wir uns eine Vorstellung von dem Haupts de1rTf;s1x;i;h
bi1de machen können, befindet sich gegenwärtig nebst den 0riginalflügeln, von
denen jedoch die obere Hälfte des linken Aussenflügels verloren gegangen ist,
im städtischen Museum zu Frankfurt am Main.
Das Mittelbild stellt die Himmelsahrt Mariae in grosser, ernster, seierlicherKoms
position dar CFig. 244J. Oben im Himmel schwebt die selige Jungfrau in einer Glorie
reizender geHügelter Engelköpfe: über ihr die Taube des heiligen Geistes; zu
ihren Seiten Gottvater und Christus, beide mit der Tiara geschmückt, gemeins
sam im Begriffe, ihr die Himmelskrone aufs Haupt zu setzen. Unten auf der
Erde aber umstehen und umknieen in den mannichfaltigsten Stellungen die
zwölf Apostel das leere Grab der Jungfrau; die einen staunend hinabblickend,
die anderen sich mit ihren Nachbarn über das Wunder besprechend, die meis
FOR In freudiger Verehrung emporfchauend zum ewigen Lichte. Ganz hinten
in der heiteren Landschaft steht einsam der Meister mit der Inschrifttafel.
Alles ist berechnet und durchdacht; und doch steht jede Gestalt in der unges
zwungendsten und natürlichsten Weise an ihrem Platze. Die geistige Bewegung,
1J c7z. EpJzJs2cJF: Etude sur le Triplyque d.A1bert Dunst, dit le Tab1eau d7aute1 de Heller. Paris
I876. Dazu TJ:aiW:g in Liik20wss Zeitrchkifk x111, s. 283 u. 386; x1I1, S. 96; wes such E;:lmiJf
X1I1, S. 339, XlII, S. 63. , .
2; DürerIs Briefes etc. s. 24ss37. H; . T.
3I KunPcchr0nik X1Il, S. 23; und O. comfZJ ebenda XVI, S. 1o2.1o4. I