Volltext: Die Malerei der Renaissance (Bd. 2)

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Buch. 
Wertes 
ÄbtheiIung. 
Erster Abschnitt. 
jene detaillirende Hervorhebung der einzelnen Strähne und Haare, welche 
bezeichnend für Diirer ist. 
Fernere religiöfe Gemälde, welche Dürer I506 in Venedig gemalt hat, find 
 eine nahezu 1ebensgrofse 1itzende Madonna in der Sammlung des Marquis of 
 Lothian in Schottland und der kleine Christus am Kreuze in der Dresdener Gas 
Dkesde:i. 1erie: in engen Rahmen ein gr0fses Prachtwerk von schönster Formenreinheit, 
forgfältigster Detaillirung, ergreifendstem Ausdruck, fowie von einer tieffarbigen 
Gefammtstimmung der verfmsterten Atmosphäre und der niedrigen, leuchtenden 
Landfchaft, durch welche Dürer mit iiberrafchender Eigenart feine Beherrfchung 
neuer malerifcher Wirkungen Zeigt. 
Nach Nürnberg zurückgekehrt, fehuf Dijrer im nächsten Lustrum die 
grofsen religiösen Gemälde, welche ihn auf der höchsten Höhe feiner Schaffenss 
kraft und feiner malerifcl1en Technik zeigen. Zunächst malte er I507 die lebenss 
AdgLkJaiind grossen Gestalten Adamls und Eva9s auf zwei hohen, fchmalen IsIolztafeln. Die 
 Freiheit, Lebendigkeit und Gefchmeidigkeit, mit denen Dijrer hier das Nackte 
darstellte, waren bis dahin in der nordifcl1en Kunst unerhört gewefen. Freilich 
beweisen die mit I506, dem Jahre feines venezianifchen Aufenthaltes, bezeichs 
neten Studienblätter in verfchiedenen Sammlungen auch, dafs Durer diefe Bilder 
unter dem Einfluffe der fchöneren italienifchen Modelle koncipirt hatte. Es 
find edle, fch1anke Gestalten, feine ausdrucksvolle Köpfe. Eva, welche den 
Apfel in der erhobenen Linken hält, blickt ohne böfes Gewifsen, leichtsinnig, 
verführerifeh drein. Adam fafst den Zweigs mit dem Apfel halb zaghaft nur 
mit zwei Fingern feiner linken Hand; und in den geöffneten Lippen, wie in dem 
fchmerzlichen Blicke feines von Locken umwallten schönen jugendlichen Hauptes 
fpiegelt die Ahnung von Schuld und Reue f1ch wieder CFig. 243J. Im 16. Jal1rs 
hundert hingen die Bilder im Nürnberger Rathhaufe. XxVo f1ch heute die 0ris 
ginale befinden, ist eine Streitfrage. Florenz, Madrid und Mainz erheben den 
is: Msss12s Anspruch. Die Mainzer Exemplare, in eine einzige Tafel vereinigt, tragen jes 
doch den Stempel der Nachahmung zu deutlich an der Stirn, als dass f1e ernsts 
in FIOTWs lich in Frage kommen könnten. Für die Exemplare des Palazzo Pitti, welche 
leider fehr dunkel hängen, fpricht der Umstand, dafs nur f1e einen landfchafts 
1ichen Hintergrund mit allerlei forgfältig ausgefiihrtem Gethier, zu dem die 
Studien Diirer7s f1ch theilweise erhalten haben, einem Hirfch und einem Fafan 
zu Adam7s Fijfsen, einem Löwen und zwei Rebhühnern hinter Eva, besitzen. 
in Madrid. Zu Gunsten der Madrider Exemplare fpricht, dass nur sie das Täfelchen 
mit der Infchrift und der Jahreszahl, fowie eine Sorgfalt, Klarheit und Fluff1g. 
keit der Malweife zeigen, welche zugleich Dijrer7S würdig ist und an den Eins 
Aufs der venezianifchen Schule erinnert. Ihnen geben wir den Vorzug. II 
O 77rcmJZ22g spricht lich in feinem yDLirerii S. 286 entfchieden Zu Gunsten der Florentiner Bi1s 
der aus. EFJmymxm: tritt dieser Anlicht CLützow7fche Zeitfcl1rift 1876 s. 274J ebenso entschieden ents 
gegen. Er hält die Florentiner Exernp1are für Kopien von Hans Ba1dung Grien, will aber die Frage, 
ob die Madrider Exemplare, wie csP2zzzgm meinte, die echten feien, nicht ohne Autoplie entfcheide11. 
Ich fah die Madrider Bilder unter dem Eintlnfs der  Ausfiihrungen, skonnte mich aber 
nur schwer entfchlie1Tsen, den Florentiners Bildern den V0rrang einzuräumen CKnnft nnd Naturfkizzen 
ptc,J,Y XI 1sIXIJZMmrm, Diiffeldotf I880, Bd. II, S. 137sI38J. seit ich inzwifc11en die Eindrücke anderer 
dek1Tf:Lt Fachgenosfen, die in Madrid gewefen, mit den meinen verglichen habe, n1ufs ich mich enti 
ifchie Zu Gunften der Madricler Bilder erklären.
	        
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