Volltext: Die Malerei der Renaissance (Bd. 2)

Hälfte 
der erfic11 
Malerei 
dcutfche 
Jahrhunderts. 
Eine Hauptcigenfchaft Dürer7s war es jedoch, nichts Fremdes nur äiufserlicl1 zu 
reproduciren, f0ndern es f1ch tief innerlich mit dem Verftande und .dCln GCs 
fühle anzueignen, ehe er es als das Seine wieder verwerthete. Damit hangen 
feine praktifch ziemlich unfruchtbaren Zahlenfpekulationen auf dem Gebiete 
der Proportionslehre zufammen; damit aber auch fein unbedingter Refpekt vor 
der Natur, der ihn trotz des 1dealismus feiner geiftigen Anfchauungsweife zu 
einem der gröfsten Realiilen aller Zeiten macht. vVVahrhaftig,ck fagt er einmal, 
vfteckt die Kunft in der Natur; wer f1e heraus kann reifsen, der hat f1e;cc und 
ein anderes Mal fügt er hinzu: vaber je genauer dein VVerk dem Leben ges 
mäfs ift in feiner Gestalt, desto beffer erfeheint dein Werk.4c1J Kein Künftler 
der VVelt vielleicht l:f.t jeden Strich, den er gezeichnet, mit f0viel Vorbedacht 
und Ueberzeugung gezeichnet, wie Dürer in feiner beften Zeit es gethan. Das 
her erfcheinen viele Komp0f1tionen Dürers als die befte, ja, man meint, als die 
einzig mögliche Löfung der gestellten Aufgabe; daher erfcheint Dürer felbft 
in den Studien und Skizzen zu dem Cz. B. landfchaftlichenJ Beiwerk feiner Ges 
mälde als Bahnbrecher neuer Gebiete; daher athmet alles, was er geschaffen, 
mit feiner Individualität zugleich durch und durch nationale deutfche Eigens 
art; daher aber genügten Dürer in der Regel auch der H0lzfchnitt oder der 
Kupferilich, ja oft genug fogar die miniaturartigen Tecl1niken der kolorirten 
Federzeichnung, des eigentlichen Aquarells oder der Temperamalerei auf einem 
Pergamentblatte, um auszudrücken, was ihn intereff1rte oder bewegte. Bei 
keinem Künftler ist es nöthiger, als bei ihm, diefe lofen Blätter PtetS mit zu 
berückf1cl1tigen. 
Albrecht Dürer ftammte, wie Io mancher Maler feiner Zeit, aus einer Golds Diikk:kss 
fchmiedewerkflatt. Sein Grofsvater, mag diefer nun Magyare oder Deutfcher Leben. 
gewefen fein 2J, war Goldfchmied in einer kleinen Stadt UngarnS. Sein Vater, 
Albrecht Dürer d. ä., nein kunftreicher, reiner Manncc3J, kam als Goldfchmied 
nach Nürnberg und verheirathete f1ch dort mit der Bürgerstocl1ter Barbara 
H0lper. Albrecht Dürer, der Maler, wurde am 2I. Mai I471 geboren. Ans LIe,is1ls 
fangs lernte auch er bei feinem Vater das Goldfchmiedehandwerk; aber I486 S Halm 
wurde er, feiner feurigen Sehnfucht entfprechend, zu Michael Wolgen1ut, dem 
tüchtigen Vertreter der älteren fränkifchen Malerei Toben S. II9sI23J, in die 
Lehre gefchickt. Drei und ein halbes Jahr lernte er in deffen Werkftatt die 
Malerei. Dann, am 0fterf0nntag des Jahres I490, ging der neunzehnjährige Seins: 
Jüngling auf die VVanderfchaft. Wir haben Grund anzunehmen, er fei über wja2kii:riZi. 
Strafsburg nach Colmar, dann, da er M. Schongauer hier nicht mehr am Leben 
traf, weiter nach Bafel, endlich über die Alpen nach Venedig gezogen. Die BeeLi11:1tJzLsuvg 
Frucht diefer erften venezianifchen Reife 4J war eine Beeinfiuffung Dürer7s durch 181ii:ireg11a. 
1I Ueber Dürer7s Theorien vergleiche man Ä. 7,s. ZczJm oDürer7s KunlUehre und fein Verhältnis 
zur RenailTancee1, Leipzig 1866.  Dazu auch C. Fri2zom7 im Archivi0 venet0 1878 l. p. 25l, 1l. P. Si 
2J Ueber den gegenwärtigen stand dieser Streitfrage vergleiche man JlsJ. .77le77zf72z;E.r Artikel ZU 
der Wiener Abendp0lk vom I4. 0kt. 1878; abgedruckt in Lützowls Zeitfchrift XIV. S. 4l. 
3I Diefes, wie fali alles Autl1entifche, was wir von Di.irer7s Leben nnd Familienverl1ä1tniffen wiffen, 
stammt aus des Meilkers eigenen Aufzeichnungen, in die Sprache der Gegenwart überfetzt von ZU. 
TlzcmjZHg: isDürer.s Brieke, Tagebiicher 1mdReimeci, Wien 1872; Eite1berger7fcl1e Quel1enfchriften zur 
Kunfkgefchichte 1II. 
4J Neuerdings isk diefelbe ohne Grund von c72. Ej2JzJ2Hy77 wieder ge1eugnet worden; GENUS des 
BeauxsArts Vol. XV L1877I p. 6o5s611. 
24V
	        
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