Die
des
Hälfte
deutsche Malerei der e:üen
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in diefer Stadt nicht für fünfhundert Gulden Arbeit bekommen, was ja wahrs
lich eine geringe und lächerliche Summe istci. Dabei rechnete Dürer ficher
die Privatbestellungen mit; und gleichwohl bestellten alles in allem die eins
zelnen reichen Patrizier noch öfter Gemälde, als die Städte; aber Altartafeln
bestellten sie mehr zum Heile ihrer Seele und Bildniffe mehr zur Aufrechters
haltung ihrer Familientraditionen, als aus Liebe zur Kunst. Die deutschen
Bürger jener Tage waren zu sehr von theologischen Streitfragen in Anspruch
genommen und dachten zu abstrakt, um das Kunftschöne um feiner fe1bst willen
zu pflegen; und wenn es auch veraltet ist, zu fragen, ob die Reformation den
Künsten geschadet habe Dürer, Holbein, Kranach u. s. w. waren der Sache
I.uther7s ergeben fo lässt sich doch nicht läiugnen, dass die kirchlichen Stifs
tungen, denen die meisten grösseren Gemälde ihre Entstehung verdankten, nach der
Einführung der neuen Lehre abnahmen. Dazu kam, dass der öffentlichen Kunst in
Deutschland, II fo in diefem Zeitraum, wie im vorigen, fchon durch die Ents de2l:YgF;c:nu.
wiekelung des Baustils andere Bahnen Vorgezeichnet blieben, als in Italien. iF3I;:iziisä111:kis
Ihr Klima und ihre Lebensgewohnheiten wiesen die Italiener auf die grosse Kunst.
Wandmalerei hin, für welche ihre Baukunst den Raum freihielt. Die öffentliche
Kunst der Italiener blieb monumental und wirkte, Strenge, aber auch Grösse und
Freiheit verleihend, auf die Staffeleimalerei zurück. In Deutfchland aber, wo
die gothifche Baukunft mit ihrer Aufiöfung der WVandflächen auch in diefem
Zeitabfchnitt noch mafsgebend blieb, fehlte in vielen Fällen schon der Raum
für eine freie Bewegung der VVandmalerei. Auch liessen das nordifche Klima
und die germanifchen Lebensgewohnheiten das Publikum feine geistige Ans
regung lieber am eigenen l1äuslichen Heerde, als in der Oeffent1ichkeit finden.
Daher suchte hier die öffentliche Kunst jeden einzelnen Kunstfreund in H01ZssYIiU
Gestalt der leicht zu vervielfältigenden Holzfchnitts und Kupferstichblätter KUD7ETUTOhs
zwischen feinen vier Wänden auf; und die minutiöfen Anforderungen diefer
Techniken wirkten auch auf die Staffeleimalerei zurück. Während diese letzs
tere sich also in Deutfchland, abgesehen von solcher Rückwirkung, unter ähns
lichen Bedingungen entfaltete, wie in Italien, vertreten die volksthümlichen
Künste des Holzfchnittes und Kupferstiches im öffentlichen Kunstleben hier
vielfach die Rolle der monumentalen VVandmalerei des Südens. Ein vollerer
Gegensatz läfst sich gar nicht denken. Die Kunstgefchichte mufs denfelben
betonen; und die Gefchichte der deutschen Malerei jener Tage muss die
Kupferstiche und die Holzschnitte als cbenbLirtige Geschwister der 0els oder
Temperatafeln behandeln.
Bestätigt aber wird diefer Gegensatz durch die Thatsache, dass der Kupfers
stich, wie wir sehen werden, gerade in jenen oberdeutfchen städten zurücktrat,
welche in der Bemalung der Aufsens und Innenwände ihrer Häuser mit den
0beritalienern wetteiferten, während der IsIolzfchnitt allerdings hier fo gut,
wie in den anderen deutschen Städten, dem Bedürfnisfe des Buchclrueks diente.
Alles in allem würde die deutfche Renaiffancekunst ohne den Holzfchnitt
und den Kupferstich arm und einfeitig erscheinen. Mit ihnen aber erscheint
sie reich und mannichsa1tig. Gerade in diesen Bilderblättern spiegelt sich das
II Einen grm1dlege11den Aufsatz über diefes Thema veröffentlichte
aus der neueren KunÜ:gefchichte, Bonn 1867, S. 171ss2o6.
Geschichte d. Malerei. 1l.
Fj7sf2zgws in feinen Bildern
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