Volltext: Die Malerei der Renaissance (Bd. 2)

Die 
Jahrhunderts. 
J:.1nzelnen ausgehen und dieses zunächst in ganzer Schärfe und Klarheit heri 
ausbilden, nicht nur die Menschen, die Charalctere und die Vorgänge, sondern 
auch Costüme und Schmuck, die scenerie, mag sie freie Landschaft oder häuss 
liches Gemach fein, und zwar bis auf jedes Geräth, jeden Grashalm und jedes 
Blümchen festhalten und somit das Bild vdurchaus als ein Stück der gesammten 
Weltcc behandeln O. Ihre Auffassung ist bei aller 0bjectivität niemals mechas 
Hirsch und kühl, sondern mit hingebender Wärme und Liebe ergreifen sie alles 
Einzelne, es gibt für sie nichts Untergeordnetes und Geringfügiges; im Fests 
halten des Individuellen übergehen sie auch die herben und unschonen Züge 
der VVirklichkeit nicht, da sie überall mit Ehrfurcht an die Natur herantreten. 
Dabei ist die VViedergabe des Wirlclichen doch nicht ihr letztes und einziges 
Ziel; in einer Zeit, in welcher die kirchlichen Aufgaben für die Kunst immer 
Doch in erster Linie standen, sind sie von dem inneren Gehalt der Gegenstände, 
d1F sie darzuftellen haben, innig durchdrungen, glauben aber ihn um so eins 
dringlicher offenbaren zu können, je anfchaulicher und naturtreuer sie vers 
fahren. Gerade ihre religiöse Wärme, das Streben, Gott in seinen Creaturen 
ZU erkennen, führt sie zur Natur. So geht bei aller freudigen Lebenssülle eine 
Stimmung feierlichen Ernstes durch die Bilder hin. Von dem Gefühl, in der 
Nähe des Heiligen zu stehen, find die Menschen durchdrungen, und diese friedes 
volle Stimmung klingt in der Umgebung nach. Was dem modern gebildeten 
Auge noch am meisten alterthümlich vorkommt, ist, dass alle Gestalten so bei 
scheiden austreten, dass keine sich durch lebhaftere, effectvolle Action, durch 
eine fprechende Mimik des Körpers in gefälligem Linienzuge in Scene setzt. 
Aber geschähe dies, so würde die Gleichwerthigkeit in der Behandlung alles 
Einzelnen, auch des Beiwerks und der Scenerie, nicht mehr so wohlthuend 
fein; dem Auge würde die Ruhe für dessen Ausnahme fehlen. Gerade das ist 
das Eigenthümliche dieses Werkes, dass sich in ihm noch die mittelalterliche 
DCl11uth mit der modernen Naturanschauung vereinigt. Dabei tritt im Genter 
Altar, dessen Vorstufen in früheren Werken der van Eyck uns unbekannt bleis 
Ren, die neue Richtung schon in solcher Ausbildung und ConsequenZ auf, dass 
Jedes Schwanken, jede Unsicherheit überwunden ist, und dass die Nachfolger 
das hier Geleistete nicht mehr überbieten konnten. 
Die moderne Kritik hat sich vielfach mit der Frage beschäftigt, welche Ak.k1kk:i1c12k 
Theile des Altars von J:ZzzZ2wsZ und welche von Pay; ausgeführt worden sind. Bruder. 
U111iZu einem Resultate zu kommen, das zwar nicht als sicher, aber als wahrs 
fCheinlich gelten kann, ist der einzige Weg derjenige, den Waagen einges 
schlagen. Da von Hubert van Eyck kein anderes Werk vorhanden ist, muss 
IMi11 die beglaubigten Bilder Jan7s zum Mafsftabe nehmen und prüfen, was 
mit ihnen übereinstimmt und was von ihnen abweicht. Da scheinen dann 
allerdings die drei oberen Mitte1siguren durch die Tiefe des Ausdrucks, stils 
V01ien Faltenwurf, Schönheitsgefühl und wärmere Färbung über alles, was Jan 
geschaffen, hinauszugehen, und es wäre auch innerlich das Nächstliegende, dass 
Hubert mit diesen Hauptbildern begonnen. Ebenso wahrscheinlich ist nun 
3sUCh, dass die Aussenseiten der Flügel zuletzt beendigt worden sind, und gerade 
He stehen auch sonst den Arbeiten Jans nahe, nicht nur in den meifterhaften 
Briefes 
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