Volltext: Die Malerei der Renaissance (Bd. 2)

des 
Malerei 
Die nieder1ändifche 
Ja11r11underts. 
die Gerechten Richter in weltlicher, vornehmer Tracht; rechts, zu Fusse, die 
heiligen Einsiedler, an der Spitze die Greise Paulus und Antonius, am Ende 
Zwei Frauen, Maria Magda1ena und Maria Aegyptiaca; dann die heiligen Pilger, 
denen der Riese Christophorus voranschreitet. Unter den Hunderten, die nach 
dem Wasser des Lebens dürften, ist jeder Stand, jedes Alter und Geschlecht 
VertYekek1; in Fürstenornat und ritterlicher Rüstung, im Priestergewande oder in 
Kette und Pilgerkleid ziehen sie herbei; die Gewänder, grösstentheils der 
C1genen Zeit angehorig, sitzen und fallen, wie es der Bau der Gestalt, die Bei 
WegUng und der Charakter des Stoffes verlangen. Der Ausdruck, der sich 
maUUlgfE1Ch abstuft, von ruhiger Beschaulichkeit und ernstem Sinnen bis Zu 
fast fanatischer Erregtheit in den verwilderten Männern zur Rechten, ist immer 
charaktervoll und von gemeinsamer Stimmung des HeilsverlangenS und dek 
Andacht durchdrungen. Der landschaftliche Grund, der sich einheitlich durch 
alle fünf Tafeln hinziel1t, ist dadurch von wunderv0ller Wirkung, dass Zur 
LinieVpekfpective auch die Luftperspective hinzutritt, dass die Luftschichten 
vor den ferneren 0bjecten merklich sind und diese angemessen zurücktreten 
lassen. Der Augenpunkt ist sehr hoch gewählt; aber wie kommt die ganze 
Tiefe der Ferns1cht zur Geltung, wie klar sondern sich die Plänel Der Boden 
mit CräfekUs Wiesenblumen und Veilchen, die Gebüsche, zwischen denen die 
Gruppen im Mittelgrunde heraustreten, die blühenden Rosen, der Wein zwis 
sehen saftigem Laub fesseln ebenso das Auge wie die thurmreichen Städte und 
Abteien in der hügligen Ferne, der Horizont mit seinen Bergen im blauen 
Duft und der klare Himmel mit seinen zarten Silberwölkchen. Die Scharen 
auf den Seitenflügeln ziehen durch Felsensch1uchten, hinter denen links malerische 
Schlösser und Thurme aus dem Grün herv0rragen, während rechts, hinter den 
EinHed1ekU: der Wald dichter, die Gegend einsamer wird, und hinter den Pilgern 
sich dem heimischen Laub sudliche Gewächse, Citronenbaum, Palme und Cys 
preffes gCfeHC11, Wie Jan sie von der Reise nach Portugal kannte, und dem 
Blick sich eine unendliche Ferne mit dem Silberbande eines Stro1nes öffnet. 
 Ueber der unteren Haupttafel bauen sich drei Tafeln mit Bogenabschluss, 1kmek1r2i:.2x2. 
d1e mittlere höher, empor. 1n dieser thront Gott Vater, im ChristustyPU3s mit obMRe1he. 
rothem Mantel und päpstlicher Tiara, während eine Kaiserkrone ihm zu Füssen 
hegt, in der Linken das Scepter, die Rechte segnend erhoben. 1st in ihm der 
traditionelle Typus festgehalten, so tritt in den zwei anderen Gestalten das volle 
1ndividuelle Leben um so kräftiger zu Tage, in Johannes dem Täufer mit 
ZkUI1em Mantel, der, ein offenes Buch im Schosse, die Rechte lehrend erhebt 
Und mit seinem edlen, von dichtem, dunklem Haar umrahmten Antlitz aufs 
blickt, und in der blau gekleideten Maria, die ganz in ihr Gebetbuch vers 
Linken ist, und deren Kopf, mit vollem 0val, feinem Munde, leise geöfsneten 
L1ppe11, gewölbten Augenlidern und wallendem blondem Haar, das eine Krone 
schmückt, von echt germanischem Gepräge ist. Mit ihrem Ausdruck holder 
Demuth, Reinheit und Beschaulichkeit erscheint sie als die echte Magd des 
Herrn. Eine zarte Strahleng1orie umgibt die Häupter der Drei; den herges 
brachten Nimbus in Scheibenform kann die realistische Kunst nicht mehr 
brauchen. Prächtiges gemusterte Teppiche und darüber goldene, mit Inschriften 
befäete Nischen bilden auf diesen drei Tafeln den Hintergrund. Gerade hier 
sind alle Gewänder vom edelsten Stil und von wahrhaft malerischer Breite in
	        
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