Volltext: Die Malerei der Renaissance (Bd. 2)

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DritteS Buch. 
Abthei1ung. 
Zweiter Abfchnitt. 
Unter den Nachfolgern der Bellini fassen wir zunächst diejenige Gruppe 
von Künstlern, die lich an Gentile schliefst, in7s Auge. Aus dieser ragt eine 
qvik:0k9 bedeutende Individualität hervor: 7jztm;7 6izisprzcczio C5xxzrYrzxcz2zJ. Es ist vers 
sWacm. muthet worden, dass er einer der Gehilfen war, welche Gentile im Jahre I479 
nach Constantinopel begleiteten; wenigstens hat er eine besondere Vorliebe 
für orientalische Costüme. Mit feinem Meister theilt er die Neigung zu breiter, 
erzählender Darstellung, zur Schilderung des gegenwärtigen Lebens bei f0rgs 
famster Ausbildung der Scenerie, und so offenbart sich fein Talent vorzugss 
weise in Cyk1en grosser Leinwandbilder legendarischen Inhaltes, wie sie für 
Bruderschaftsgebäude gemalt werden. Sein Hauptwerk ist der in den Jahren 
 I490sI495 für die Scuola der heiligen Urfula gemalte Cyclus von neun Bildern 
 aus der Legende derselben O. Auf den Traum der heiligen Urfula C1J folgt s2J das 
grosse Bild, das die Gefandten des englischen Königs vor König Maurus dars 
stellt, von dem sie die Hand der Tochter für den Sohn ihres Herrn begehren 
sollen LFig. 224J. Die Raumeintheilung ist höchst glücklich; links ein Bogengang 
am Meere mit dem harrenden Gefolge; in der Mitte der Hauptvorgang in einer 
offenen Halle mit weiter Aussicht; rechts Urfula7s Gemach, auf dessen Stufen 
eine Zwergin sitzt. Urfula steht vor ihrem Vater, der, das Haupt in die Hand 
gestützt, auf ihrem Bette sitzt, und erörtert ihm ihre Gründe an den Fingern. 
3J Die Entlassung der Gesandten durch König Maurus, ein ceremonieller Vors 
gang in einem Audienzsaal mit Marmortäfelung. 4I Die Rückkehr der Ges 
sandten zu ihrem Könige; ein Vorgang, der bei glühendem Sonnenlichte im 
Freien vor Prachtgebäuden spielt 2J. S; Der englische Prinz nimmt von feinem 
Vater Abschied; jenseits eines hohen Mastbaumes, der das im landfchaftlichen 
Hintergrunde einheitliche Bild scheidet, des Prinzen Empfang durch Urfula 
und der Abschied des Paares, das die Pilgerfahrt antritt, von Ursula7s Eltern. 
Die Vorgänge spielen an einem Seehafen mit dem Blick auf das von Schiffen 
belebte Meer, hohe Festungsthürme, Kuppelkirchen, Paläste und romantifche 
Felfenpartien. Der Empfang der Heiligen und ihres Gefolges durch Papst 
Cyriacus in der Nähe der Engelsburg C6J, ihre Landung bei dem von feinds 
lichen Schaaren besetzten Köln auf der Rücksahrt C7J und ihr Martyrium C8J 
bilden den Schlufs der eigentlichen Legende, der sich noch C9J die heilige Urs 
sula in der Glorie, umringt von den Ihrigen, anreiht. Ueberall spielen sich die 
Vorgänge höchst ruhig und gemeffen ab, und den handelnden Figuren schliesst 
sich eine Fülle von Nebengruppen an. Mögen einzelne Gestalten, namentlich 
hie und da Frauen, manchmal ungelenk erscheinen, so sind doch die Erfcheis 
nungen andererseits voll Leben und Sicherheit, im Ausdruck voll Verständigs 
keit und Würde. Die gedrängtesten Gruppen sind klar bei meisterhafter Vers 
theilung von Schatten und Licht. Alle Einzelheiten sind beherrfcht, nirgends 
ist ein kleinlicher Zug wahrzunehmen. Alle atmosphärischen Wirkungen find 
beobachtet, in Liniens und Luftperfpective ist Carpaccio vollkommen feiner Sache 
 Herr. Was die Farbe betrifft, so wirkt er namentlich durch Tiefe und Säts 
tigung, ohne es jedoch zur zarten Transparenz der Töne, wie Giovanni Bellini 
sie besitzt, zu bringen. 
VitrorcF 
carpaccto. 
km: 1495ds 
V Die Jahrzah1 1475 auf dem 1. Bilde ist nur dem ReA:aurator zuzuschreiben 
5. ist 1495, das 7. 149o, das 9. 149I bezeichnet. 
2J Farbendruck der Wiener Gefe11fchaft für vervie1fältigende Kunst. 
Das
	        
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