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Drittes Buch.
Abthei1ung.
Dritter Abfchnitt.
Heiligensiguren an den Pi1astern, legendarifche Bilder an der Prede1la. Vors
treffliche M0de1lirung des Nackten bei einfachen Motiven und vo1lendetes
vic2.122, co1orit in schönstem Go1dton zeichnet die Taufe Christi in Santa C0rona zu
Si cMM Vicenza aus.
Unter den datirten A1tarbildern ist das Breitbild von 1488 in S. Pietro
.x1uk9:10. Martire zu Murano bemerkenswerth, mit dem in Maria,s Schosse stehenden
I1;F,3FIZ7 Kinde, zwei Engeln zu den Seiten des Thrones und den Heiligen Augustinus
und Marcus, von denen letzterer den knieenden Dogen Agostino Barbarig0
empfiehlt. Die C0mpof1tion ist ftreng und feierlich. Noch anziehender ist das
M, Triptychon in S. M. de, Frari aus dem gleichen Jahre mit zwei holdfeligen
de Frau. Engelknaben, die auf den Ton der 1nstrumente 1aufchen, die sie anstimmen,
und zwei Paar Heiligen auf den Seitentafeln.
Obwohl Bel1ini ruhig im alten Gleise bleibt, wird in späteren Bildern doch
fein Vortrag immer breiter und ma1erischer, wie in der thronenden Madonna
Zacca:is. von I505 in S. Zaccaria CFig. 222J; ein geigender Engel sitzt auf den Stufen
des Thrones, seitwärts stehen Katharina und Petrus, Lucia und Hieronymus.
Stil. Ein herrlicher Renaissancebau mit Mofaikschmuck des Gewölbes steigt hoch
über den Thron empor. Während die Niederländer und die Deutschen den
ganzen gegebenen Raum der Höhe nach durch die Figuren zu füllen pflegen,
haben die ltaliener grössere Flächen zur Verfügung, und durch die luftigen
Verhältnisse gewinnt die ganze Compof1tion an Freiheit. Nicht in fcharf ges
zogenen Umrisfen, sondern als farbige Körper setzen die Gestalten sich gegen
einander ab, wir nehmen die Luft wahr, die f1e umspielt, ma1erifch breit ist
die Gewandung geordnet, der Vortrag ist von vollendeter Sicherheit bei feins
stem Schmelz und bei kräftigster Tiefe der Schatten. Die Farbe ist aber nicht
ein blosses Mittel hinreissender lxVirkung, sondern f1e ist befeelt, ist das Werks
Zeug des tiefen Empssindungslebens, welches das Bild durchdringt. Solche
Madonnen Bellini7s sind keine blofsen Repräfentationsstücke, was man doch
noch von den meisten Horentiner Gemä1den diefer Gattung fagen kann, sons
dem Stimmungsbilder voll hoher poetischer Einheit, felbst dann, wenn, wie in
dem Bilde in S. Zaccaria jede Gestalt für f1ch steht, kein directer geistiger Zus
sammenhang zwischen den einzelnen wahrzunehmen ist. Menschen voll Würde,
Adel und Charakter, aber ganz aus der Sphäre des Wirklichen geschöpft,
stehen ruhig ohne Affect zusammen und werden auch durch die Feierlichkeit
nicht in ihrer Unbefangenheit gestört. Bei Giovanni Be1lini finden wir nicht
die Schwärmerei und zur Schau getragene Andacht eines Pietro Perugino, aber
eine Gemüthstiefe und eine s7sittliche Schönheitcc Cwie Kugler sagtJ, die erwärs
men und erquicken.
Ende dieses Jahres kam Dürer nach Venedig, und in seinem Briefe an
Pirkheimer vom 7. Februar I506 spricht er den Eindruck aus, den er von der
Persönlichkeit, dem liebenswürdigen Entgegenkommen und der künstlerischen
Bedeutung Bellini7s empfangen. vEr ist sehr alt und ist noch der Beste in der
Ma1ekeixe. Ein grosser Kreis von Schülern und Nachstrebenden umgab damals
den Meister, neue Richtungen kündigten sich an, aber noch immer wich ex
keinem und zeigte auch in den Werken des Greifenalters ungebrochene Kraft
und Fähigkeit künstlerifchen Fortfchritts. Das 1507 bezeichnete Mad0nnenbild
in HalbHguren mit Johannes dem Täufer und FranciscuS, vor denen der Stifter