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Drittes Buch.
1l. Abtheilung.
Dritter Abfclmitt.
Priester aber darf man den Bischof von Mantua vermuthen. II Das bizarre
Zeitcostüm, kurze, gemusterte Röcke ohne Gurt mit abstehenden Schöfsen,
eng anliegende Beinkleider und kurze Mantel, die Steifheit vieler Motive, die
Vorliebe für Prosilstellung, die Ungenirtheit, mit der manche Nebensiguren
sich gar nicht um den Vorgang kümmern, hat etwas Ungelenkes, aber die
Bildnisse find von monumentaler Grofsartigkeit und das Ganze ist an Zügen
schlichter, überraschender Lebenswahrheit reich. Jenseits der Thüre wird die
Comp0s1tion durch das Gefolge des Marchese, Diener mit Pferden und
Hunden, fortgesetzt. Auch die Thiere sind trefflich nach der Natur studirt.
Noch freier als in den realistischen Bildnissgruppen erscheint aber der
Meister in den idealen Darstellungen, den reizend bewegten, formvollendeten
Flügelk11aben, welche die Inschrifttafel über der Thüre halten, und den
Deckenbildern. Die Unterf1cht, die er schon in den Wandbildern zu Padua
angewendet hatte, überträgt er hier auf die Deckenma1erei, wie wir das kurz
zuvor auf Grund ähnlicher Voraussetzungen, wenn nicht etwa eines Einflusses
der Schule von Padua, auch Melozzo da Forli thun sahen, und begründet
damit für die Gewölbemalerei ein ganz neues Princip, das hernach cb777zzgsjo
zu voller Confequenz ausbildete, und das dann in der Epoche des Barockstils
das herrschende blieb. Die einschneidenden Kappen enthalten Darftellungen
aus der Mythe des Hercules, Orpheus, Arion u. s. w., acht rautenförmige
Gewölbefelder zeigen Medaillons rö1nifcher Kaifer, wie jene grau in grau von
täuschender Reliefwirkung, umgeben von Guir1anden, die von Flügelknaben
gehalten werden. Durch ein Rund in der Mitte glaubt man in die blaue
Luft mit leichtem Gewölk hinauszublicken; auf einer ansteigenden Balustrade
sitzt ein Pfau; Frauen, auch eine Mohrin, blicken in das Gemach herunter,
nackte Knaben balanciren auf dem Geländer oder stecken durch seine 0effs
nungen den Kopf CFjg. 2I4J.
Bei Lodovic0 II. wie bei seinen Nachfolgern Federigo Cseit I478J und
Francesco II. Lseit 1484J stand Mantegna in höchster Geltung. Als Künstler
wie als Mann von Geist und Urtheil und als guter Gesellfchafter war er ihnen
werth. Mit den schwächen des oft reizbaren Meisters 2J hatten sie, wie die ums
fangreiche Correspondenz beweist, alle Nachf1cht, er selber aber hatte ihnen gegens
über das Gefühl, dem er einmal gegen Lod0vico Ausdruck gab, dass dieser
sich rühmen könne durch ihn zu haben, was kein anderer Herr in Italien
habe. Und damit hatte er, ehe Leonardo im Dienite des Lodovic0 Sforza
zu Mailand stand, Recht. Auch bei anderen hochgestellten Persönlichkeiten
stand Mantegna in höchstem Ansehen. Als L0renzo de, Medici 1483 in
Mantua war, besuchte er das Haus des Malers und nahm dessen Arbeiten wie
seine Antikensammlung in Augenschein. Durch urkundliche Nachrichten
wissen wir, dass er auch mehrfach für das Haus Este in Ferrara beschäftigt
war. Die grösste Ehre für Mantegna war sodann. dass ihn Papst Innocenz VIII,
1i0m,v;n2 nach Rom berief, wo er in den Jahren I488 bissI490 die kleine Cape11e der
iWMMi Villa Belvedere malte, die unter Pius VI. bei einer Erweiterung des Vaticanis
schen Museums leider zerstört wurde. Nach Vasari entstand damals in Rom