Die Malerei in 0beritalien.
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Noch einen weiteren Schritt thut Mantegna, von dem die übrigen Bilder M2k2:egsssi.
des Raumes herrühren. Die zweite Reihe der Jac0busfresken beginnt mit der
Taufe des bekehrten Magiers Hermogenes. O Noch sind die Hauptsiguren fast
allzu fch1icht und gemessen, aber ein kühner Natursinn erwacht zunächst in
den Nebenfiguren, namentlich in zwei zuschauenden Kindern von unübertreffs
licher Naivetät. Die städtische Architektur ist perspectivisch woh1verstanden, die
schlanken, straffen Figuren, die Gewandung der schönen männlichen Rückens
Figuren verrathen das Studium antiker Plastik. Seine Kraft wächst mit jedem
Bilde. Jacobus vor dem Richterstuhl des Herodes Agrippa2J CFig. 21IJ ist schon
viel freier und dramatischer in der Handlung, und die Begeisterung für das
classische Alterthum zeigt sich in der durchgehenden antiken Tracht, während
die meisten damaligen Maler noch das Zeitc0stüm anwendeten, der römischen
Rüstung der Krieger und dem antiken Triumphbogen im Hintergrunde. In
den beiden untersten Bildern ändert nun Mantegna plötzlich den Augenpunkt.
Statt denselben in der Höhe der im Bilde dargestel1ten Menschen zu wählen,
lässt er den Augenpunkt des Gemäldes mit dem Augenpunkte eines unten
stehenden Beschauers zusammenfallen; den Fussboden sieht man nicht, die
Füsse der vordersten Gestalten stehen auf der Kante, von den ferneren vers
schwinden die untersten Extremitäten. Mantegna handhabt diese Unters1cht
hier wie in späteren Werken mit voller Sicherheit und Consequenz; im Grunde
ist sie aber nur ein Versuch, das Gemälde nach den Stilgesetzen der Plastik zu
behandeln. Auf dem Bilde des Jacobus, der auf dem Wege zum Tode einen
Bekehrten segnet, ist die Architektur des Hintergrundes, namenlich das Bogens
thor, aus welchem der Zug kommt, mit der Untersicht des Gewölbes musters
haft, und bei den Gestalten staunen wir über das perspectivische Wissen, die
Meisterschaft in den Verkürzungen. Nur geht es ihnen wie den Figuren des
Piero degli Franceschi, sie erscheinen zu berechnet und absichtlich für freie
künstlerische Wirkung. Im folgenden Bilde, der Enthauptung des Jacobus,
behielt Mantegna die gleiche Anordnung bei, aber mit Recht verliess er sie
in der unteren Reihe der Wand gegenüber, wo er zwei Ereignisse in eine zus
sammenh:ingende Coinpos1tion vereinigte: den vergeblichen Versuch, den heis
ligen Christophorus mit Pfeilen zu tödten, und die Fortschafsung seines Riesens
leichnamss nach seiner Enthauptung. So sehr auch gerade diese Abtheilung
gelitten hat, so erscheint sie doch unmittelbarer und natürlichen
In Padua waren die Aorentiner Maler Paolo Ucello und Fra Fi1ipp0 Lippi skii.
sowie der grosse Bildhauer Donatello thätig gewesen, und Crowe und Cavals
caselle, bei ihrer Unterschätzung Squarcionels, wollen im Einfluss dieser Flos
rentiner die Quelle von Andrea7s und Pizzolols Stil sehen. Nun lag allerdings
ein offenes Auge für die Leistungen dieser fremden Künstler ganz im Charakter
der Schule; hatte doch Squarcione Vasari zufolge auch toscanische Gemälde
unter seinem Lehrmaterial. Aber Alles, was in den Schöpfungen Pizzolo7s
und Mantegna7s vorzugsweise charakteristisch ist, geht doch auf keine fremden
Muster, sondern auf Sparcione7s Stil und Methode zurück: das gelehrte, ja
d0Ckki11äke Vorgehen, das starke Betonen des perspcctivischen Studiums und
II Farbendruck der Arunde1 society.
2J FarEendruck der Arunde1 society.