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Drittes Buch.
Abt11ei1ung.
Zweiter Abfchnitt.
Lehkm2iiiek. Perugia fein Meister war, ist nicht zu ermitteln; am nächsten läge es vielleicht
an BmxsxZez7o B2M2jZzsZzi zu denken. Hernach lässt ihn Vafari nach Florenz
kommen und unter der Discip1in des flizxZJsm I7E7smz7xJzZio studiren, aber denkt
man auch nicht an ein eigentliches Lehr1ingsverhältnifs, so wird doch selbst
ein engerer Anfchlufs des bereits selbständigeren Pietro an Verrocchio durch
den Charakter seiner Arbeiten nicht hinreichend bestätigt.
Da feine Ma1ereien von I475 im grossen oberen Saale des Palazzo Coms
munale in Perugia 1J, feine Fresken von I478 in einer Capelle zu Cerqueto nicht
SdIcLtij:t:1i1f.che mehr existiren, mögen feine frühesten Wandbilder diejenigen in der Sixtinifchen
c2p211s. Cape1le sein: das erste und das fünfte Bild aus dem Leben Christi, die Taufe
des Heilandes und die Ertheilung des Schltisselamtes an Petrus 2J CFig. 209I.
Hier erscheint er nicht mehr als Anfänger, sondern im Bes1tze einer hochauss
gebildeten Kunst. In der Compos1tioxi steht er hinter den besten Florentinern
nicht zurück, er ist sogar concentrirter, einfacher als die meisten und treibt
mit Nebensiguren nicht zu viel Prunk. Bei dem zweiten Bilde, dem schöneren,
wohnen aufser den Aposteln nur noch sieben Zuschauer im ZeitcostLim dem
Vorgange bei; andere Epifoden spielen sich nur in den kleinen Figuren des
Mitte1grundes ab, die eigentlich nur als Stasfage der schön behandelten
Scenerie erscheinen. Aus der Landfchast bei der Taufe taucht fern eine Stadt
mit antiken Denkmälern aus; im Hintergrunde des anderen Bildes erhebt sich
ein achteckiger Kuppe1bau zwischen Zwei antiken Triumphbögen. Hier zeigt
sich Pietro7s Studium der Perspective, aber er hat durch Ansicht von vorn das
Problem vereinfacht und er geht überhaupt nicht darauf aus, durch kunstv0lle
perspectiviIche Effecte zu glänzen, sondern will nur feine architektonischen
Erfindungen, die ihm als solche Freude machen und die er mit dem Vers
ständnifs eines Baumeisters von Fach entwirft, zur Darstellung zu bringen.
Dabei ist die Farbe und Haltung beider Bilder besonders harmonisch. Die
schwächere Seite aber liegt darin, dass ein Zug des Conventionellen durchs
geht. In der Art, wie der Kopf sich neigt, die Gestalt in ihrer wohlgeordneten
Gewandung sich gemessen bewegt, wie die Hand aus die Brust gelegt oder
verwundert erhoben, wie das Spielbein im Tänzerschritt herausgedreht wird,
liegt etwas Angewöhntes, Einstudirtes, nicht der unwillkijrliche Ausdruck des
Momentes und der Handlung. Darstellungen dramatischen Charakters können
daher nicht in dem Masse wie Andachtsbilder seine Sache fein.
Ausserdem hatte Pietr0 hier noch drei Bilder an der Altarwand, die
später für Michelange1o7s Jtingstes Gericht beseitigt werden mussten, gemalt:
die Himmelsahrt Maria7s und zwei Er6fsnungsbilder zu den Folgen an den
Langwänden: die Findung des Moses und Christi Geburt. Er war also hier
weit stärker als die übrigen Maler beschäftigt. Wie lange seine Arbeit währte,
ist nicht festzustellen. Erst lange nach dem Tode Sixtus7 IV., am 5. März
I49I, wurde ihm die Restsumme sur feine Malereien in der Sixtinischen Capelle
bezahlt3J.
O iPW2mlzr, II, S. 338 Anm.
2J Farbendn.1clc der Arundel society.
3J Die Frage, von wem das erste der erhaltenen M0feSbi1der Cdem mit den seinen nach Aegypten
ziehenden Moses tritt ein Engel entgegen und fein VVeib Zip0ra befc11neidet den ErfigeborenenJ heks