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Drittes Buch.
Abt11eilung.
Zweiter Abfc11nitt.
sich aber Giovanni bei den fchlafenden Wächtern oben in kühnen Stellungen
und VerkürZungen, durch die er mit feinen Vorbildern wetteifern möchte,
verfällt aber gerade hier zu fehr in umbrifche Zierlichkeit. Die Ausführung
ist gewiffenhaft, die Farbe klar und anfprechend, die Gewandung forgfältig
und glücklich im Wurf, die Architektur hier wie in allen feinen Arbeiten
fchön in den Formen und in der Perfpective wohlverstanden.
TakeH,Hde,. Das fonft von Giovanni Erhaltene besteht in Altarbildern für Urbino und
die benachbarten Landschaften. I484 ist die thronende Madonna mit Johannes
dem Täufer und Michael, Step11anus und Sophia in der Pfarrkirche zu Gras
1v10p.ke. data bezeichnet, 1489 das Altarbild in der Klosterkirche Montesiorentino bei
H0WW0sUrbania1J: Maria in einer Nifche thronend, die Hand auf der Brust, fchaut
auf das nackte Kind in ihrem Schofse herab; je zwei Heilige, links vorn ein
gewappneter Ritter, und je zwei Engel stehen perfpectivifch effectvoll, Figur
hinter Figur, zu beiden Seiten; rechts vorn kniet in voller Rüitung der Stifter
Graf Carlo 01ivo Pianiani. Engelchöre muf1ciren über der abfch1iefsenden
Mauer. Demfelben Jahre gehört nach urkundlicher Nachricht eins feiner Haupts
Werke an: das Altarbild der Familie Buffi im Kunstinftitute, früher in der
Franciscanerkirche, zuUrbino2J. Maria mit dem fegnenden Kinde auf dem Throne
zwifchen Franciscus und Johannes dem Täufer, Hieronymus und Sebastian,
vor dem, in gleicher Gröfse, wie dies bei Giovanni stets vorkommt, das
Stifterpaar nebst einem Kinde kniet; landfchaftlicher Grund; in der Höhe zwei
Engel, eine Krone an Schnüren über Maria7s Haupt haltend, und der fegs
nende Gott Vater in einem Kranze von Cherubim. Die meisten übrigen Bilder
find mit dem Namen des Meisters bezeichnet, doch nicht datirt; fo die fchöne
JFEk;0,e Madonna mit vier Heiligen in Santa Croce zu Fano, wo f1ch in Santa Maria
iSTT1vtZii2Z Nuova auch noch eine Heimfuchung befindet; die Madonna mit Catharina
now. und Thomas von Aquino, Hieronymus und dem Apostel Thomas fowie dem
Bek1ik2. vorn knienden Stifter, einem jungen Grafen Matarozzi, im Berliner Mus
Muleum. feum, früher in der Hauscapelle diefer Familie zu Urbania, übrigens eins der
härteren, minder erfreulichen Bilder Giovanni7s; eine Verkündigung in der
1v1Zi12k2d, Brera zu Mailand, früher in Santa Maria Maddalena Zu Sinigaglia; das Mars
tyrium Sebastians in S. Sebastiano zu Urbino, links von dem Heiligen die
3s3eWHYII0sSchützen, rechts die Stifterfamilie, eins der besten Bilder Giovanni7s, doch
schlecht erhalten: der thronende Hieronymus aus S. Bartolo bei Pesaro, eine
gediegene Malerei in Leimfarbe auf Leinwand mit fchönem landfchaft1ichem
LT,ZIZ;,,, Grunde in der Pinakothek des Laterans.
Stil. Eine Wandlung feines künstlerifchen Charakters ist nicht wahrzunehmen,
höchstens, dafs gegen frühere Arbeiten, wie die Fresken in Cagli, die späteren
f1ch etwas mehr von umbrifcher Milde und Zierlichkeit entfernen. In den grofsen
Stifte1sbildniffen erreicht Giovanni oft eine an Piero und Melozzo erinnernde
Plastik und realistifche Kraft; auch die heiligen Idealfiguren gerathen oft herb;
im ganzen aber waltet Gefühlswärme ohne Weichlichkeit vor. Obwohl der
Körperbau etwas fchwerfällig, die Glieder mager, Extremitäten und Gelenke
nicht immer fein durchgebildet find, macht der Meister doch Fortfchritte
1J
2J
CwszsJe und Csz7JxzZczzJzZZZ, deutfc11, 1II, S. 372.
zur deutfchen Ausgabe von PaJ2zszJz:7zf.5 Raphae1.
Abbildung bei
Gelk. im At1as