Volltext: Die Malerei der Renaissance (Bd. 2)

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Drittes 
Buch. 
Abthei1ung. 
Erfter 
Abfchnitt. 
nicht an sich für ihn Werth, sondern nur als Werkzeug des EmpHndungss 
lebens. Seine Kenntniss der Körperformen steht noch hinter derjenigen Mafos 
lino7s zurück, man nimmt wahr, dass der Mönch nicht gewohnt war, nach 
dem Nackten zu studiren, dass er auch bekleidete Frauengestalten nach männs 
lichen Modellen zu zeichnen pHegte. Aber auch in der Zeichnung iiberraschen 
fein Adel und fein schönhejtsgefühl, Härten sind höchst selten; nur gewa1ts 
same dramatische Momente, die feiner milden Gefüh1sweise nicht entsprechen, 
gerathen im Einzelnen oft lahm oder steif. Mit Mafolino wetteifert er in 
der fein durchgebildeten Modellirung, in dem glücklichen Liniengefühl der 
Composition, mitunter auch in der Behandlung der Hintergrunde, obwohl seine 
perspectivischen Kenntnisfe noch schwächer sind, besonders aber in der holden 
Klarheit und Heiterkeit der Farbe, die vollkommen zu dem inneren Stimmungss 
 leben feiner Werke spasst. Auch Fra Giovanni aber ist in einem Punkte ein 
grosser Neuerer, in der Steigerung und feinen Nüancirung des Empsindungss 
ausdrucke8 in den Köpfen. Dieser geht stets aus weihevoller religiöser Stims 
mung hervor, ist aber in seiner seelenvo1len Schönheit und friedevollen Reins 
heit echtimenfchlich ergreifend und bleibt selbst da, wo er sich zum Schwärs 
merifchen steigert, frei von Aufgeregtheit und geht nicht über die Sphäre des 
 und Holdseligen hinaus. Der Maler wurde Fra Giovanni Angelico, 
kein oder Engelgleichecc, genannt, sowohl wegen feines Wandels als auch wegen 
feiner Schöpfungen, die der ReHex feiner schönen Seele sind. vDieser wahr. 
haft engelgleiche Bruders, sagt Vasari, vbrachte fein Leben im Dienste Gottes 
und feines Nächsten hin, er war einfach und geistlich im Wandel, der Freund 
der Armen und hielt sich allen weltlichen Angelegenheiten fern. Immer übte 
er die Malerei aus, wollte aber nie etwas Anderes als heilige Gegenstände 
malen. Wer die Kunst übe, pflegte er zu sagen, müsse in Ruhe leben und 
sich keine Gedanken machen, wer Christi Wirken darstellen wolle, müsse immer 
mit Christus fein. Was er gemalt hatte, pflegte er nie zu retuschiren und zu 
verbessern, weil er glaubte, so wie es geworden, habe Gott es gewollt. Einige 
sagen, er habe nie den Pinsel in die Hand genommen, ohne gebetet zu haben, 
und nie den Gekreuzigten gemalt, ohne dass Thränen feine Wangen benetzten; 
und so sieht man denn auch im Antlitz und in den Stellungen seiner Figuren 
die Stärke und Aufrichtigkeit feiner christlichen Gesinnungu. 
1saF,1k;1de,, Giovanni7s Feld war die Staffeleis wie die Frescomalerei. Zu feinen frühes 
CMOn3s sten erhaltenen Werken mögen einige Tafelbilder in Cortona .gehören: eine 
Madonna zwischen beiden Johannes, Magdalena und Marcus, in den Giebeln 
Christus am Kreuze und die Verkündigung, in S. Domenico. Eine zweite 
Tafel, die Verkündigung, einst ebendaselbst, ist jetzt in der Kirche Gesu, wo 
sich auch die Predellen beider Altare, die eine mit kleinen Scenen aus Dominii 
canerlegenden, die andere mit Bildern aus dem Marienleben, befinden. Mögs 
lich, dass diese Arbeiten noch der Zeit seines Exils angehören; ein Unterschied 
 des Stils mit seinen Werken in Florenz ist aber nicht zu constatiren. Unter 
Akademm diesen find zunächst die 35 ganz kleinen Bilder aus dem Leben und Leiden 
Christi, einst Täse1ung der Silberschränke in der Annunziata, jetzt in der 
Akademie zu Florenz, hervorzuheben. Seit Giotto hatte keiner seiner Nacl1s 
folget diese traditionellen Gegenstände in so grossartigcr Vereinfachung aufs 
gefafst, während Fra Giovanni ausserdem durch das Liniengesühl der Anords
	        
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