Volltext: Die Malerei der Renaissance (Bd. 2)

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Drittes Buch. 
Abthei1ung. 
Erfter Äbfc:hnitt. 
Kreuzgange n1onochrom ausgeführte Darstellung der festlichen Procession zur 
Einweihung der Kirche mit vielen Bildnifsen von Zeitgenossen ist nicht bis auf 
c2pk2112. uns gelangt. Endlich nahm aber Masaccio an der Ausmalung der Capella 
nmmM Brancacci theil, wahrscl1einlich, indem er als Fortsetzer eintrat, als Masolino 
um 1425, durch die vortheilhasteren Aufträge in Ungarn gelockt, die beg0nnene 
Arbeit verliess. Mafaccio7s Werk sind zunächst die Vertreibung aus dem Pas 
radiese am Pilaster C8J, die drei noch übrigen Bilder an der Altarwand Cz, 6, 7J: 
Petrus tausend, Petrus Kranke durch feinen Schatten heilend, Petrus und Jos 
hannes Almosen fpendend; ferner das grosse obere Bild an der Wand zur 
Linken s9J: das XxVunder vom Zollgroschen. Auch das Bild darunter hat er 
noch begonnen; die gesonderte Gruppe zur Rechten s1IJ, Petrus in catheclra, 
von verschiedenen Personen, namentlich mehreren Carmelitermönchcn, verehrt, 
gehört noch ganz ihm an. Dann wurde auch feine Thätigkeit hier plötzlich 
unterbrochen, und erst viele Jahrzehnte später füllte J7ZZiPz5zi72r2 L7iJJFi die Lücken 
aus und vollendete diese Schöpfung einer früheren Generation. 
Mafolino7s Sündenfall CFig. I75J hatten wir wegen des Studiums des 
Nackten und der Fortschritte in der Modellirung bemerkenswerth gefunden, 
aber der Abstand dieses Bildes zu den Leistungen der älteren Schule ist doch 
noch geringer als der zu Masaccio7s Vertreibung aus dem Paradiese, CFig. I76J. 
Maso1ino7s schlanke Gestalten mit etwas kleinen Köpfen find trotz aller ihrer 
Vorzüge lahm in den Motiven, die Geberde der Hände, die Beinstellung ist 
unsicher oder, wie bei Eva, geziert. Die Befangenheit der Auffassung lässt 
den geistigen Inhalt des Momentes nicht hinreichend zur Erfcheinung kommen. 
Masaccio aber schuf in dem fliehenden Paare, dem der Engel in der Höhe 
strafend den Weg weist, jene Gruppe, die sich so der Phantasie lZezPJzczEZ7.c eins 
prägte, dass er sie mit geringen Aenderungen in den Loggien des Vaticans 
wiederholte. Das sind die ersten wahrhaft von künstlerischem Leben erfüllten 
nackten Figuren der neueren Kunst. Sie find keine blossen Modellstudien, 
wenngleich auch als solche bemerkenswerth, fondern der ganze Körper ist 
hier, wie in der Plastik der Alten, das Werkzeug geistigen Ausdrucks. Zu dem 
Adel der Linien, dem Zusammenklang aller Bewegungen, der vollendeten 
Gruppenbildung kommt der pfych0logisch ergreifende Ausdruck von Schmerz 
und Scham, dabei mit so charakteristischer Verschiedenheit bei Mann und Weib. 
Wegen der Bewältigung des Nackten und des kühnen Grifses in das Reale 
war schon früh auf dem Bilde der Taufe die Figur eines entkleideten Täuflings, der 
vor Frost zusammenschaudert, ein Gegenstand der Bewunderung und des Nachs 
zeichnens. Solches Festhalten eines s1nnlich frappanten Motivs aus dem Leben 
war damals etwas Neues, und Masaccio gab es noch ganz anders, als, wohl 
schon in Folge seines Beispieles, später Masolin0 in castiglione d70lona. Aber 
die Vorzüge feiner Bilder aus der Petruslegende liegen nicht bloss in solchen 
Einzelheiten. Ganz anders stehen, schreiten und handeln bei ihm die Leute, 
ganz andere Charaktere treten auf. Mas0lino7s noch an G2Z2ZZo erinnernden 
PetrussTypus behielt Masaccio zwar im wesentlichen bei, aber er erfüllte ihn 
mit anderem Geiste. Wie gewaltig ist z. B. das Bewusstsein höherer Sendung 
.in dem Petrus, der nur im V0rüberschreiten, lohne sonstige Bewegung des 
Auges oder der Hand, durch seinen Schatten Kranke heilt. Noth und Leid 
der Armen und Elenden find hier und auf dem Bilde des Almosenfpendens
	        
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