ABTHE1LUNG.
DIE
ITALIENIsCHE
MALEREI
DEs
I5s
JAHRHUNDERTS.
Vorbemerkungen.
Jok2iig2 ask enn lich auch der Bruch mit der mittelalterlichen Anfchauung in der
WZZI1,I,lfk1Jen flandrifchen und der italienifchen Malerei gleichzeitig vollzog, wenn
auch bei den Flamändern das NaturgefLihl vielleicht schärfer hervors
tritt, die malerifche Auffaffung feiner ausgebildet ifi, fo hat doch die italienifche
Malerei des 15. Jahrhunderts vor der flandrifchen in anderen Beziehungen viel
voraus. Ihre Vorzüge beruhen erflens auf der verfchwenderifchen Gunit des
Klimas, der Natur und des Vollcsthums, zweitens auf der gemeinfamen Ents
wicklung aller bildenden Künste, deren Mangel im Norden verhängnifsvoll iPc,
drittens auf der humaniitifchen Bildung und der Hingabe an das claff1fche
Alterthum, welche für die gefammte Renaiffancecultur Italiens die Grundlage lind.
K1im.i. Das Klima Italiens, das milclefie der gemäfsigten Zone, erleichtert dem
Menfchen den Kampf um das Dafein, gewährt ihm williger, weffen er bedarf,
steigert fein Wohlgefühl und feine Genufsfähiglceit. Es bannt ihn weniger in
das Haus und in die gefchloffenen Raume, lädt ihn vielmehr in das Freie,
N;,,kUk, in die 0effentlichkeit. Die Natur felbPc ift freundlicher und fchöner; während
der Bewohner nordifcher Länder lich eingeengt und gebunden fühlt, wird hier
v0tkskhum. die Brust bei jedem Athemzuge durch das Gefühl der Freiheit gehoben. Italien
ist nach Wincke1mann das Land der Menfchlichlceit; nicht als ob die Humas
nität, das menfchliche Wohlwollen hier gröfser wären; gerade der Italiener
läfst fein Handeln durch rückf1chtslofe selbitfucht bestimmen und hat, nach
dem treffenden Ausdruck Heinrich Le0,s, das, was man Gemüth nennt, nur
noch in der Form der Leidenfchaft. Aber das freie, unbefangene Waltens
laffen aller menfchlichen Triebe der Autorität und Gewöhnung gegenüber ist
die Eigenfchaft italienifcher Naturen. Daher finden wir zu einer Zeit, in welcher
das schaffen der niederländifchen Maler bei aller Kraft des Naturgefühls doch
noch von der vorwaltenden Stimmung der Demuth beherrfcht wird, in Italien
gröfsere individuelle Freiheit und Kühnheit der Auffaffung. Selbst Andacht,