sc11u1en
Die deutfchen
129
Ausführung bestimmt. Zum Worte fand sich naturgemäss das Bild, die Hands
schriften erhielten il1uminirte Zeicl1nungen, die Drucke des Dialogs Holzschnitte,
und endlich wurde auch der Todtentanz an FriedhofSmauern, in Kreuzgäns
gen, in Thurmhallen an die Wand gemalt, besonders häufig in Dominicaners
klostern, da dem Predigerorden diese gemalte Busspredigt willkommen war.
Wenige Denkmäler dieser Art sind erhalten, wie der Todtentanz in der Mariens
lcirche zu Berlin, der um I86o wieder aufgedeckt wurdelJ; der in der
Marienkirche Zu Lübeck ist gänzlich erneuert und übermalt; der in der
Neuen Kirche zu Strassburg wie die beiden in Basel, im Kloster Kling
genthal in Kleinbasel und im Predigerkloster zu Grofsbafel, sind zugrundes
gegangen 2,L Von letzterem f1eht man nur noch geringe, im I6. Jahrhundert
tibern1alte Reste in der mittelalterlichen Sammlung. In der ältesten Form
bestand der Reigen aus 24 Paaren, deren Zahl dann vermehrt wurde, und zu
denen Einleitungss und schlussbilder kamen. Die Ordnung war durch Rang
und Stand bestimmt, mit Papst, Kaiser, Kaiserin beginnend, mit dem Kinde
gewöhnlich schliessend. Jeder Person war ein Todter gesellt, nicht als Gerippe,
denn diefes fuhrte erst das I6. Jahrhundert ein, sondern, als verweste Leiche,
oft mit umgeworfenem Leichentucl1e. Die Darstellung des Reigens, in welchen
die Lebendigen durch die Todten gezerrt werden, trägt ein scharf ironisches
Gepräge und entspricht der v0lksthümlichssatirischen Auffafsung in der das
maligen Litterat:ur.
Wenn wir jetzt vorläufig von der deutfchen Malerei scheiden, die wir bis riiickh1isk
zum Ende des I5. Jahrhunderts verfolgt haben, so hat der Rückblick auf die sZiJi2rs.
durchmessene Bahn etwas Unbefriedigendes, weil er uns kein erreichtes Ziel
zeigt. Die f1andriscl1e Malerei dieser Epoche ist in sich abgeschlossen und
vollendet, die Ziele, auf die sie sich beschränkte, hatte sie vollständig erreicht,
zwischen dem Gewollten und dem Geleisteten blieb keine Differenz. Die
deutsche Malerei dagegen bleibt weit gegen sie zurück, obwohl sie von ihr
bestimmt wird. XsVas seit dem Beginn der Handrifchen Einwirkung gefchaffen
wurde, steht auf einer primitiven Stufe und ist von dem Zwiespalt zwischen
einer in Zersetzung begrifsenen und einer erst aus rohesten Anfängen sich
herausarbeitenden Kunstrichtung ergriffen. Ueber diese Stufe wird die deutsche
Kunst erst durch die grossen Meister des I6. Jahrhunderts, DzZ7sc2z und J:Zi;ZFeiyz,
emporgefuhrt, und hätten wir von der deutschen oder der niederländischen
und deutschen Malerei allein zu sprechen, so wurden wir unmittelbar zu diesen
Meistern übergehen. Unsere Aufgabe aber nöthigt uns, da eine Pause zu
machen, wo in Wahrheit keine besteht; sie verlangt nun zuerst das Eingehen
auf die italienische Malerei des 15. Jahrhunderts, die ja dann auch der gers
manifchen Kunst der folgenden Epoche neue Bildungselemente zuführt.
lJ M. Z,7UXIse: Der Tocltentanz in der Marienkirche zu Berlin. 1861. fol., mit 4 Tafeln.
TJz. l7Jsi;jEJs: Der Todtentanz in der Marienkirc11e zu Berlin. 1876. fol., mit 6 Tafeln.
2J Der ältere Urfprung des Liibecker T0dtentan2es, den IIZ2ztJc4WzxZgtZ v0rausfetzt, ist nicht ans
zunehmen; vgl, II. BxZcZJzLse: Der Liibec1cer T0dtentanZ, Göttinger InauguralsDiffertati0n, Berlin 1873;
ebensowenig der des Todtentanzes in Klingentl1al, vgl. Jcz1Jz72.s Gefc11. d. b. KiinPce i. d. Schweiz, S. 654.
1sOsH0.jssss
Gefchichte d. Malerei.