Volltext: Die Malerei der Renaissance (Bd. 2)

sc11u1en 
Die deutfchen 
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Ausführung bestimmt. Zum Worte fand sich naturgemäss das Bild, die Hands 
schriften erhielten il1uminirte Zeicl1nungen, die Drucke des Dialogs Holzschnitte, 
und endlich wurde auch der Todtentanz an FriedhofSmauern, in Kreuzgäns 
gen, in Thurmhallen an die Wand gemalt, besonders häufig in Dominicaners 
klostern, da dem Predigerorden diese gemalte Busspredigt willkommen war. 
Wenige Denkmäler dieser Art sind erhalten, wie der Todtentanz in der Mariens 
lcirche zu Berlin, der um I86o wieder aufgedeckt wurdelJ; der in der 
Marienkirche Zu Lübeck ist gänzlich erneuert und übermalt; der in der 
Neuen Kirche zu Strassburg wie die beiden in Basel, im Kloster Kling 
genthal in Kleinbasel und im Predigerkloster zu Grofsbafel, sind zugrundes 
gegangen 2,L Von letzterem f1eht man nur noch geringe, im I6. Jahrhundert 
tibern1alte Reste in der mittelalterlichen Sammlung. In der ältesten Form 
bestand der Reigen aus 24 Paaren, deren Zahl dann vermehrt wurde, und zu 
denen Einleitungss und schlussbilder kamen. Die Ordnung war durch Rang 
und Stand bestimmt, mit Papst, Kaiser, Kaiserin beginnend, mit dem Kinde 
gewöhnlich schliessend. Jeder Person war ein Todter gesellt, nicht als Gerippe, 
denn diefes fuhrte erst das I6. Jahrhundert ein, sondern, als verweste Leiche, 
oft mit umgeworfenem Leichentucl1e. Die Darstellung des Reigens, in welchen 
die Lebendigen durch die Todten gezerrt werden, trägt ein scharf ironisches 
Gepräge und entspricht der v0lksthümlichssatirischen Auffafsung in der das 
maligen Litterat:ur. 
Wenn wir jetzt vorläufig von der deutfchen Malerei scheiden, die wir bis riiickh1isk 
zum Ende des I5. Jahrhunderts verfolgt haben, so hat der Rückblick auf die sZiJi2rs. 
durchmessene Bahn etwas Unbefriedigendes, weil er uns kein erreichtes Ziel 
zeigt. Die f1andriscl1e Malerei dieser Epoche ist in sich abgeschlossen und 
vollendet, die Ziele, auf die sie sich beschränkte, hatte sie vollständig erreicht, 
zwischen dem Gewollten und dem Geleisteten blieb keine Differenz. Die 
deutsche Malerei dagegen bleibt weit gegen sie zurück, obwohl sie von ihr 
bestimmt wird. XsVas seit dem Beginn der Handrifchen Einwirkung gefchaffen 
wurde, steht auf einer primitiven Stufe und ist von dem Zwiespalt zwischen 
einer in Zersetzung begrifsenen und einer erst aus rohesten Anfängen sich 
herausarbeitenden Kunstrichtung ergriffen. Ueber diese Stufe wird die deutsche 
Kunst erst durch die grossen Meister des I6. Jahrhunderts, DzZ7sc2z und J:Zi;ZFeiyz, 
emporgefuhrt, und hätten wir von der deutschen oder der niederländischen 
und deutschen Malerei allein zu sprechen, so wurden wir unmittelbar zu diesen 
Meistern übergehen. Unsere Aufgabe aber nöthigt uns, da eine Pause zu 
machen, wo in Wahrheit keine besteht; sie verlangt nun zuerst das Eingehen 
auf die italienische Malerei des 15. Jahrhunderts, die ja dann auch der gers 
manifchen Kunst der folgenden Epoche neue Bildungselemente zuführt.  
lJ M. Z,7UXIse: Der Tocltentanz in der Marienkirche zu Berlin. 1861. fol., mit 4 Tafeln.  
TJz. l7Jsi;jEJs: Der Todtentanz in der Marienkirc11e zu Berlin. 1876. fol., mit 6 Tafeln. 
2J Der ältere Urfprung des Liibecker T0dtentan2es, den IIZ2ztJc4WzxZgtZ v0rausfetzt, ist nicht ans 
zunehmen; vgl, II. BxZcZJzLse: Der Liibec1cer T0dtentanZ, Göttinger InauguralsDiffertati0n, Berlin 1873; 
ebensowenig der des Todtentanzes in Klingentl1al, vgl. Jcz1Jz72.s Gefc11. d. b. KiinPce i. d. Schweiz, S. 654. 
1sOsH0.jssss 
Gefchichte d. Malerei.
	        
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