Volltext: Die Malerei der Renaissance (Bd. 2)

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Drittes Buch. 
Abthei1ung. 
Dritter Abfcl1nitt. 
seltenen Schönheitsgefüh1 entgegen, der von dem Hafiigen und Ueberladenen 
der damaligen deutschen Malerei frei ist. Die sigurenreiehen C0mpos1tionen 
weiss er klar und geschmackvoll anzuordnen, durch sein Raumgeftihl in lands 
schaftlichen wie in architektonischen Perspectiven kommt er den Nieders 
ländern nahe. Bei feiner Milde und Besonnenheit der Empfindung weiss er 
im Ausdruck ebenso zart wie 1ebensv0ll zu sein, jede Nebenf1gur spricht geistig 
mit. Manchmal kommen einige gekiinPce1te Motive in den Bewegungen wie 
im Faltenwurf vor, aber im Ganzen ist die Zeichnung höchst sorgfältig, das 
Nackte wie auf der Taufe Christi gut beobachtet, und einige kenntnissvoll 
verkürzte Köpfe zeigen einen nicht ungewöhnlichen Grad theoretischer Bildung. 
Neben der  wohl nur indirecten  flandrischen Einwirkung ist aber auch 
hie und da eine Spur italienischen Einflusses wahrzunehmen, im Architektonischen 
 wie in den Figuren; der Typus mancher schlanker Ji.ing1ingssiguren, die Vers 
kLirzungen und die Versuche in kunstvoller perspectivifcher Anordnung erinnern 
mitunter an JlsJmzZggs7zcz. 
Hm Endlich erwähnen wir noch ein I485 datirtes, durch feinen Gegenstand 
WMdWdcVmerkwiirdiges Wandbild aussen an der südseite des D0n1es zu Graz. Es 
stellt die Dreifaltigkeit in drei ganz gleichen Gestalten und Alle Heiligen dar. 
Gott Vater erhebt Pfeile wider die verderbte Welt, aber Maria weist sijrbittend 
auf ihre Brust. Unten, in einer Halle, thront ein Papst zwischen Dominicus 
nnd Franciscus, als deren Vis1on die obige Darstellung gefasst ist, seitwärts 
sind Geistliche und VVeltliche zu sehen, und ein unterer, schlecht erhaltener Fries 
stellt die Leiden der Menschheit, Heuschrecken, Türkenl;rieg, XJVasfersnoth und 
Pest, dar. Der Stil enspric11t im Ganzen der schwäbischen scl1Jule. 
xv;,k.d. VVir haben wesentlich die Tafelma1erei berLicklichtigt:, von Miniaturen war 
maMciW nur stellenweise, von Wandbildern noch seltener die Rede. Die Reste deutscher 
VVandmalereien sind zahlreich, wenn auch schlecht erhalten, doch die Aussuhrung 
ist meist eine ganzssluchtige, der künstlerische Werth gering. Gegensländlich 
sind diese Arbeiten aber mitunter von 1nteresse; in ihnen kommen häufiger 
profane Gegenstände vor, wie die Paare baierischer Fürsten im Alten Hofe 
zu München, ferner grosse lel1rhafte und symbolifche Comp0s1tionen, wie der 
Baum des Lebens aussen am Chor zu VVasserburg. Mehr und mehr biirgert 
sr0dcesk2m2.sicl1 dann auch die Darstellung des Todtentanzes ein. Wir haben gesehen, 
wie schon im 14. Jahrhundert die schrecknisfe des Todes ein Lieblingsgegens 
stand der Dichtung und der bildenden Kunst waren H. Statt des Gedichtes 
von den drei Todten und den drei Lebenden, das damals in Handschristen 
und an den Wänden illustrirt wurde, hatte sich aber jetzt eine andre Behandlung 
dieses Stoffes eingebürgert: der T0dtentanz, französ1seh vdanse macabrecc,, 
lateinisch nMachabaeorum choreaa, eine noch nicht aufgeklärte Benennung, 
die vielleicht daher rührt,, dass die Ausführung dieses Dramas am Tage dek 
 Machabäer stattzufinden pflegte. Die Dichtung existirte schon im 14. Jahrs 
hundert in der deutschen, der französischen, selbst in der spanischen Litteratur1J, 
sie hatte, wie jene andere erwähnte, die Form einer Wecl1felrede und war zur 
II Bd. I, S. 388; vgl. die dort citirte LiUeratur. 
2J Danks. genera1 de los muert0s; F. U. sxJz:7Ms.s 
Spanien. I, S. 123. 
Gefchic11te 
der 
Lilteratur 
dramatifc11en 
Ku
	        
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