Volltext: Die Malerei der Renaissance (Bd. 2)

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DritteS Buch. 
Dritter Abschnitt. 
peratechnik der vorhergehenden Generation, ohne dass sich mit Sicherheit eine 
Anwendung eigentlicher 0elmalerei constatiren liesse. Jedenfalls liess das vers 
wendete Bindemittel die zarteste Verschmelzung zu. Aber der Vortrag ist viel 
dünner und flüss1ger als der der Nieder1änder. 
 Einige andere Bilder stehen dem Rathhausaltar so nahe, dass man Arbeis 
x7Y;lcslIF,, ten desselben Meisters in ihnen vermuthen konnte: die Madonna mit den 
Köln. Veilchen, im Priesterfeminar aufgefunden, jetzt im erzbischöHichen Museum 
zu Köln. sie steht überlebensgross da, das mit einem Hemdchen bekleidete 
Kind auf dem Arme, in der linken Hand Veilchen; hinter ihr ein Teppich 
und blaue Luft mit Gott Vater, der Taube und Engeln; unten, klein, die Stiss 
terin, zu welcher Mutter und Kind huldreich, in naiver Freundlichkeit herabs 
blicken 1J. Der kindliche Madonnentypus mit hoher Stirn ist hier besonders 
 reizend. Sodann die kleine Madonna im Rosenhag im Kölner Museum 
R01sFZ,7lIJg. CFig. 162J, das edelste Kleinod der ganzen Schule. Das nackte Knäblein thront 
wie ein kleiner König im Schosse Marials, die im Wiefengrunde sitzt, sinnig 
das Haupt neigt, ganz in dem Kinde aufgeht und nur ihm zu Ehren so herrs 
lich geschmückt scheint mit der prächtigen Agraffe und der Krone, die von 
Perlen und Edelsteinen strahlt. Engel in zart schimmernden Gewändern, mit 
fchalkhaften Lockenkopfchen, muf1ciren auf Orgel, Harfe und Laute, beten 
das Kind an, reichen ihm Früchte oder brechen ihm Blumen von der Hecke, 
die vor dem Goldgrunde in die Hohe steigt. Oben erscheint der segnende 
Gott Vater, und zwei Engel schlagen den Vorhang von Go1dstosf zurück, um 
der Welt diese Herrlicheit zu offenbaren 2J. 
 Möchte man in diesem Bildchen dieselbe Hand vermuthen, die das Doms 
 bild geschaffen hat, so ist die vom Jahre I447 datirte Darstellung im Tempel 
in der Darmstädter Galerie, einst in der Katharinenkirche bei den Deutschs 
 ordensrittern zu Köln, wenigstens ein Erzeugnifs der gleichen Schule. Vor 
einem Altar mit Sculpturenschmuck und gesticktem Antependium kniet Maria, 
die Tauben darbietend; Joseph, ein Alter mit ausdrucksvollem Kopfe, zählt 
das Geld, das er eben aus dem Säckel gelangt hat; Proceff10nen von liebs 
lichen Mädchen hinter der Prophetin Hanna, von Knaben mit blauen Augen 
und blonden Haaren vor dem Propheten Sime0n füllen, Wachskerzen tragend, 
den Vordergrund. Der ungewöhnliche Reichthum der C0mp0sition und ihr 
festliches Gepräge, die Fülle anmuthiger und lebendiger Köpfe und die blijs 
hende Farbenfreude, der nur das Durchwachsen des Ultramarin etwas Schaden 
gethan hat, bilden die Vorzüge dieses WVerkes. 
 Einen etwas späteren Charakter hat dann. schon das Jüngste Gericht im 
Z;T2;3Jf,IZS, Kolner Museum, früher in der Laurentiuskirche, das voller Phantasie und Bei 
KöIDs wegtheit ist und einen entfchiedenen Schritt in das Realistische verräth. Noch 
deutlicher zeigt sich diefer in den zwölf kleinen Bildern mit Apostelmartyrien 
 im Städel7schen Institute zu Frankfurt, den ehemaligen Innenfeiten der Flügel. 
TM. Missgebildetes, verlumptes Gesindel verrichtet hier seine Unthaten. Wollust 
malt sich beispielsweise in denen, welche dem heiligen Bartholomäus die Haut 
abziehen oder dabei zufchauen. Einer reisst mit beiden Händen an der Haut, 
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