Volltext: Die Malerei der Renaissance (Bd. 2)

Buch. 
Dritles 
1ll1eilu1 
Dritter 
Abfc11 
Ds2m12i1d. Die Aufsenfeite11 der Flügel enthalten die Verkündigung Marias. Die zart 
laufchende Jungfrau am Betpult ilt von fo hoher Lieblichkeit wie kaum ein 
anderer Kopf des Altars. Ein Gemach mit ausgefpannten g0ldge1nufierten 
Teppichen bildet die Scene, Weifs überwiegt in den Gewändern; die gröfscre 
Farbenpracl1t bleibt auch hier dem Inneren Vorbehalten. Diefes CFig. 16IJ Zeigt 
in der Mitte die Madonna mit dem Kinde, von den anbetenden drei Königen 
und ihrem dichtgedrängten Gefolge umgeben, und auf den Flügeln andere 
Schutzheilige von Köln, die heilige Urfula mit ihren Jungfrauen und St. Ges 
reon an der spitze der thebaifchen Legion, die gleichfalls von beiden Seiten 
her verehrend auf Maria Zufchreiten1,l. 
Lebt in diefem Werke noch die Idealität der älteren Kölner Schule, ihre 
Unfchuld, empfindungsvolle Wärme und minnigliche Holdfeligkeit fort, fo 
kommen doch auch die Zuge der neuen Zeit, das realiflifche Gefühl, die Freude 
 ander VVirklichkeit, der entwickeltere Forrnenf1nn zur Geltung. Maria, die, 
ganz von vorn gefehen, in der Mitte f1tzt, fchlägt noch fanft die Augen nies 
der, hat aber nichts mehr von jener über alles Irdifche hinausgehobenen Zarts 
heit der früheren Epoche, fondern zieht durch die milde Traulichkeit ihres 
Wefens an; das liebliche fegnende Chrifiuskind in ihrem Schofse, das Maria 
mit der Linken am Füfsehen berührt, überrafcht durch das glückliche Motiv 
der Haltung und die vortreffliche Durchbildung des Körperchens. Der greife 
knieende König in1ponirt durch den feierlichem Ernfk feines Ausdrucks, während 
fein b1ondbärtiger Gefährte gegenüber eher, wie auch manche andere Männers 
köpfe, eine gewöhnliche Gef;chtsbildung mit breiter Nafe zeigt. Gereon in feiner 
goldenen Rüfkung ifi eine wackere HeldengefIalt, und um die demtithige Urs 
fulasfchliefst lich ein Kreis von Jungfraucnimit heiteren, lieblichen Kinders 
gef1chtern, die auch nicht mehr fcheu die Augen niederfch1agen, fondern muns 
tcr, ja fchalkhaft in das Leben hinausfchauen. Statt des länglichen 0valS tritt 
eine mehr rundliche Gefichtsbildung ein, statt des fchlanli:en Verhä1tniffes, der 
weichen Haltung, welche in den Kölnifchen Bildern des I4. Jahrhunderts durchs 
gehen, find hier die Proportionen gedrungener, die Leute treten keck, oft mit 
gefpreizten Beinen auf. Hierin liegt noch ein conventioneller Zug, ebenfo in 
der fchwächlichen Bildung der Handgelenke, während fon1t die Hände felbft 
meist gut durchgebildet find. Die ideale Gewandung ist auf Maria allein bei 
fchräinkt, alle übrigen tragen die Mode der Zeit in den prächtigflen Stoffen 
und Farben, die Frauen enges Leibchen und einen weiten Mantel, der zum 
SchleIIplcleide wird, die Männer den vorn gefch1offenen, von einem Gurt ums 
spannten Tappert mit breitem Befatz in anderer Farbe, Hüte und Mützen von 
der mannigfachiten Form mit aufgeworfenen Klappen oder mit un1gelegter 
Sendelbinde, junge Stutzer, wie Urfula,s Bräutigam, einen zierlichen Kopfs 
reifen, Schnabelfchuhe und eine ::Gloekecc mit Pelzbefatz als Ueberwurf. Die 
 Kleider von reichem Stoff, in lebl1aften, wechfelnden Farben, der goldbrokas 
tene Ornat, die glitzenden Rüftungen der Ritter, die Goldgefäfse der Könige, 
gelesen. Der zweite Anffatz enthält ein schreiben cless Rathes von Köln vom 16. August 1.xs1 un 
den zu Merfeburg, d. l1. offenbar Mörsbnrg am Bodensee, das dem Meister Stepl1an Locl1ener den Nac:l1s 
1afs feiner dort verstorbenen Eltern aufzubewz111ren bittet, du er zur Zeit verhindert fei, felblk zu 
kommen. 
II Farbendruclc der Arundel society. Stich von M:1ffau.
	        
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