Volltext: Die Malerei der Renaissance (Bd. 2)

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I4tguren wie in der Landschaft nach, nur sind die Typen überall moderner, 
verfeinerter. Alle Härten sind verschwunden, auch der Faltenwurf ist ruhig 
und ftilvoll, die Farbe bei aller Lebhaftigkeit zart. Aus den Köpfen athmen 
Seelenleben und Empfindung, auch bei den männlichen Charakteren, wie dem 
begeisierten Petrus, dem leidenden Sebastian. In den Umrahmungen und Hins 
tergründen tauchen Motive italienischer Renaissance, geschickt behandelte Ars 
chitekturen mit Sirenen, Medusen, Flügelknaben auf. Manchmal erinnern die 
Randverzierungen CBl. 356J mit Flechtwerk, Ranken, die symmetrische Figuren 
bilden, und farbigen Füllungen an arabischeS Flächen0rnament. Aber noch 
schöner find stets die Ränder, auf denen die heimische Pflanzenwelt zur Gels 
tung kommt, wie die Sch0ten auf Go1dgrund, die ein Madonnenbild CI3l. 324, 
Fig. 160J umranlcen. 
Ganz denselben Stil zeigt das berühmte Gebetbuch der Anna von Brei Gcbgs11b.isc11 
t8.gne, Gemahlin König Karls VIll. von Frankreich wie feines Nachfolgers J3rs1iF1vss1i 
Ludwig XII. II. Mag das Bildnifs der Königin, die am Anfang des Buches, 1Hi3Zaki;ici 
Von weiblichen Heiligen patroni1irt, der Beweinung Christi gegenüberkniet, 
auch voll individuellen Lebens sein, so finden wir doch oft eine Modernifirung 
der flandrischen Typen, die fast zur VerHachung wird, wie zum Beispiel in den 
sentimenta1en Köpfen auf der Anbetung der Könige oder der Flucht nach 
Aegypten. Aber auch hier ist der Ausdruck des Leidens, wie bei St. Stephas 
nus, schön. Ein sorgfältiges Studium des Nackten tritt uns im Sebastian mit 
edel verkürzten: Kopfe, auf der Marter der Zehntausend, auf einer heiligen 
Familie mit dem schlafenden Kinde Csol. 215 versoJ entgegen. Die alte Meisters 
schaft in der Landschaft bringt f1ch vielfach zur Geltung, auch in den Monatss 
bildern, dem schneegestöber beim Januar. Das Verständniss für Lichtwirkungen 
Enden wir in Nachtftücken, wie Christi Geburt nebst Verkündigung der Hirten, 
wieder, in der ein Feuer vorn Reflexe auf alle Gestalten wirst. Aber das 
Eigenthümlichste find auch hier die Pflanzen auf mattem Golde an den Räns 
dern. Das ganze Material, über das ein XII; ask JJkk7J2 im 17. Jahrhundert ges 
bietet, ist herangezogen, Rosen, Lilien, Stiefrni.itterchen, Kirschen, Haselnüsse, 
und die WVahrheit und Meisterschaft in der Wiedergabe ist kaum geringer als 
bei jenem, nur dass die Blumen und Früchte sich hier nicht zu Stillleben vers 
binden, sondern jede Species, mit sauber dabei geschriebenen französischen 
und lateinischen Namen, eine Seite für sieh in Anspruch nimmt2J. 
Fassen wir schliesslich den Gesammteindruclc der damaligen französischen s21.iurs. 
Kunst, soweit wir aus erhaltenen Denkmälern über sie urtheilen können, Zug 
fammen, fo kommen wir trotz der prächtigen und anmuthigen Arbeiten, die 
wir kennen lernten, doch zu dem überrafchenden Resultate, dass Frankreich, 
II In  pub1ieirt von Curmer, Paris I86l. 
 2J Der Cmj je .LeMr2JArZcs CLeS ducs de I30urgogne,1 P. XXlVJ glaubte den I11un1inat0r des 
Buches in Kann; J7I;seZ gefunden Zu haben, den schon Le1nairc in einem Gedichte oLa p1;1inte du 
Desirecc erwähnt LPi7zxJm7sZ zu Cn77cws u. ca7Je7JcrxJcZJkJ p. CCXL1XJ. Er wird i1n Jahre l497 für die 
Mini;1turen im einem Gebetbuch der Königin bezahlt. Aber II Fast die Bezeichnung 17meS pelIkCs 
heure5cc nicht auf diefen fiar1cen Band in Fo1io, 2J klimmt auch die Bezahlung für 23 ohi5toires riche5:i 
und 27I Vignetten nicht, da das Buch 49 grössere Bilder enthält; 3I ist daffelbe auch crlk nach 1498, 
nach der Vermählnng Annns mit Ludwig XlI., ausgeführt worden, da dessen 1nitia1e L mit der ihrigen 
verbunden vorkommt.
	        
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